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3. Am liebsten verweilte Friedrich auf seinem Schlosse Sanssouci
bei Potsdam, das er nach seinen Plänen von 1744 —1747 hatte erbauen
lassen. Hier sammelte er seine Freunde um sich, deren Gesellschaft seine
angenehmste Erholung in den Abendstunden bildete. Am meisten liebte er
den Marquis d'Argens, der durch seine seine Bildung des Geistes und
seine treue Hingebung für den König Friedrich's Freundschaft fast dreißig
Jahre fesselte. Auch den von ihm so sehr begünstigten französischen
Philosophen Voltaire zog er.an seinen Hof und gab ihm ein bedeutendes
Jahrgehalt, freie Wohnung im Schlosse, freie Tafel und Equipage; auch
verlieh er ihm die Kammerherrnwürde. Aber bald offenbarte der hämische
und neidische Franzose seinen häßlichen Charakter, und nach einigen unan¬
genehmen Vorgängen wurde er aus Preußen verwiesen. Späterhin rächte
er sich dafür in heftigen Schmähschriften gegen den König. Mit dem
Mathematiker d'Alembert unterhielt Friedrich den lebhaftesten und geist¬
reichsten Briefwechsel.
4. Eine Lieblingsbeschäftigung des großen Königs war von Jugend
auf die Schriftsteller ei und Dichtkunst; bei seinem Tode betrug sein
literarischer Nachlaß dreißig Folianten. Einen großen Bestandtheil seiner
Schriften, die durchgängig in französischer Sprache verfaßt sind, bilden
die historischen Werke. Die hervorragendsten unter diesen sind seine
„Geschichte meiner Zeit" und die „Geschichte des siebenjährigen Krieges".
Seine ganze lange Regententhätigkeit hat er mit eigener Feder dargestellt.
Den historischen Werken reihen sich eine Anzahl von „Elogen" an, Lob¬
reden ans seine alten Rheinsberger Genossen, ans Voltaire und andere
verdiente Männer, voll zarter und liebevoller Anerkennung derer, die sich
seinem Herzen theuer zu machen gewußt. In Verbindung damit stehen
auch seine über die verschiedensten Zweige der Staatsverwaltung sich er¬
streckenden philosophischen und staatswissenschaftlich en Schriften.
Sein innerliches Gefühls- und Gemüthsleben spricht sich am unmittel¬
barsten in seinen zahlreichen Gedichten und Briefen aus.
5. Die übermenschliche Anstrengung des Geistes und Körpers, die
sich Friedrich zumuthete, zehrte früh an seiner Lebenskraft und alterte ihn
vor der Zeit. Die unerhörten Mühseligkeiten des siebenjährigen Krieges
brachen seine Gesundheit vollends; schwere Körperleiden, insbesondere Gicht¬
anfälle, quälten ihn seitdem, und doch hielt noch mehr als zwei Jahr¬
zehnte die gebrechliche Greisengestalt Stand, mit unbeugsamer Energie die
Schwächen des Leibes überwindend. Wie sie in den letzten Lebensjahren
erschien, hat sich seine Gestalt der Erinnerung des Volkes tief eingeprägt:
das hagere, eingefallene, scharf geschnittene Gesicht mit den großen klaren,
durchdringenden Augen, die hohe gedankenvolle Stirn, das geistreiche Lächeln
um den feinen Mund, der vorgebeugte Körper, gestützt auf den historischen
Krückstock, in säst gesucht nachlässiger Kleidung und einer Einfachheit des
Auftretens, die anzudeuten schien, daß der einzige Friedrich äußern Prunk
und Glanz zur Wahrung seiner Würde nicht nöthig habe. In den letzten
Lebensjahren stand Friedrich fast einsam da. Die alten Freunde, die
theuersten Angehörigen starben einer nach dem andern hinweg, und eine
gewisse Menschenverachtung, Bitterkeit und Schwermuth verscheuchten die
Heiterkeit aus der Seele des Königs. Dazu wurde der König von körper-