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Preußische Waffenehre glänzend bewährten. Nach der Kapitulation zu
Ratkau begab er sich zunächst auf Ehrenwort nach Hamburg, wurde aber
im März 1807 gegen einen französischen General ausgewechselt und nahm
an dem unglücklichen Feldzuge in Preußen bis zum Tilsiter Frieden rühm¬
lichen Antheil. Nach Wiederherstellung des preußischen Heeres wurde er
kommandirender General in Pommern. Ueber die Schmach seines Vater¬
landes saßte ihn wilder Schmerz. Arndt erzählt von ihm, daß er zu
Zeiten seines Verstandes beraubt gewesen sei und auf alle Fliegen und
schwarze Flecke an der Wand mit dem Rufe: „Napoleon"! mit dem ge¬
zückten Schwert gestoßen habe. Blücher war aber kein bloßer Draufgänger
imd Husarengeneral, sondern ein Feldherr, der hell und groß den Geist,
das Wesen des Krieges und seiner Aufgaben erfaßte. Ueber Formen nnd
Aenßerlichkeiten setzte er sich leicht hinweg, aber dem derben, urwüchsigen
Humor, mit dem er sie übersprang, folgte in wichtigen Augenblicken ein
erhabener Ernst. Er war auch groß von Gesinnung, durchaus nicht
kleinlich; vielmehr neidlos und wahr, begeistert für Vaterland und Kriegs¬
ruhm, stellte er im Felde an sich und die anderen die größten Anfor¬
derungen, war aber auch immer bereit, tüchtige Leistungen anzuerkennen.
Durch sein derbes, biederes und populäres Wesen war er der Abgott des
gemeinen Mannes. Ihm standen würdig zur Seite Gueiseuau, seine
rechte Hand, der „eiserne" Hans David Ludwig von Aork, Friedrich
Wilhelm von Bll low u.a.
B 12. So bereitete sich Preußen durch innere Wiedergeburt, die von
den trefflichsten Männern gefördert wurde, auf die große Zeit vor, wo
es die Ketten des matschen Gewalthabers abschüttelte und sich wieder frei
machte. Diese Zeit zu erleben, mar vielen Glücklichen beschießen, nur
nicht der edlen Königin Luise, die es zuerst verdient hätte, ihr Vater¬
land wieder frei zu sehen. Im Jahre 1869 kehrten der König und die
Königin nach Berlin zurück, wo sie mit herzlicher Liebe empfangen wurden.
Lebhaft erwachte nun in der Königin der langgehegte Wunsch, ihrem
Vater einen Besuch zu machen. In der letzten Juniwoche des Jahres 1810
traf sie in Strelitz ein, drei Tage später folgte ihr der königliche Gatte
nach. Bald darauf erkrankte die Königin in dem väterlichen Schlosse
Hohenzieritz, wohin man sich zurückgezogen, während der König sich nach
Charlottenburg begeben hatte. Da die Krankheit einen ernsten Charakter
annahm, wurde ein Eilbote an den König gesandt. Als dieser am
19. Juli, früh 5 Uhr, eintraf, stand bereits der Tod auf dem Angesichte
der geliebten Gattin geschrieben. „Und doch", so berichtet eine Hofdame,
„wie empfing sie den Gemahl, mit welcher Freude umarmte und küßte
sie ihn, und er weinte bitterlich.“ — „Wer ist mit Dir gekommen?" fragte
sie. „Fritz und Wilhelm." „Ach Gott, welche Freude", sagte die Königin.
Der König führte beide Söhne an das Bett der Schwerkranken; das war
ihre letzte Freude. Heftige Brustkrämpse quälte« sie bis zum setzten
Augenblick. Es war um die neunte Stunde, ihre Kräfte schwanden schnell
dahin; noch einmal richtete sie die Augen gen Himmel und sagte: „Ich
sterbe,- Herr Jesus mach’ es leicht!" Noch einmal athmete sie auf, und
ihr Herz schlug nicht mehr. Unter Thränen drückte der König seiner
Luise die Augen zu — „seines Lebens Sterne, die ihm auf feiner dunklen