Full text: Preußens Geschichte in Wort und Bild

59 
feit wurde jetzt die Losung. Von seiner ihm von Gott verliehenen Stellung 
als König eines großen Staates hatte er einen hohen Begriff, er ver¬ 
langte darum unbedingten, augenblicklichen Gehorsam, ohne Widerrede. 
„Raisonnire er nicht!" fuhr er den an, der nicht augenblicklich gehorchte; 
auch war das der übliche Bescheid auf alle Eingaben und Vorstellungen. 
Er konnte nicht den leisesten Widerspruch vertragen, wiewohl er sich von 
Verschlagenen, die sich in seine Launen zu schicken wußten, leicht tauschen 
und leiten ließ; doch wurde er sehr erbittert, sobald er dies merkte. Vor 
seinem Jähzorn zitterten alle; es war nichts ungewöhnliches, wenn er 
eigenhändig mit dem Stocke dreinfuhr. An die Arbeitskraft und Pflicht¬ 
treue feiner Beamten stellte er die höchsten Anforderungen. Er liebte 
genaue Wahrheit und strenge Gerechtigkeit und eine fast übertriebene 
pünktliche Ordnung in den Geschäften. Um alles bekümmerte er sich 
selbst, ohne ihn durfte nichts gethan werden. Er arbeitete von früh bis 
spät, er schlief kaum uud fast nur unruhig; die schlechtesten Wege, Wind 
und Wetter, Eis und Schnee hielten ihn nicht ab; nichts ging ihm zu 
schnell. Dasselbe verlangte er von seinen Beamten, die alle vor ihm 
zitterten. Den Thorschreiber zu Potsdam prügelte er mit den Worten: 
„Guten Morgen, Herr Thorschreiber!" höchst eigenhändig ans dem Bette 
heraus, weil er die Bauern des Morgens so lange vor dem Thore warten 
ließ, ohne zu offnen. 
5. Schon seit langer Zeit hatte der König mit dem ihm eignen 
Scharfblick erkannt, durch welche Mittel einzig und allein das preußische 
_ Land in seiner Stellung anderen Mächten gegenüber und in seinem Wachs¬ 
thum geschützt, gemehrt und befördert werden konnte. Dieser Mittel gab es 
zwei: Geld und Soldaten. Er selbst wollte, wie er bei seinem Regierungs¬ 
antritt dem Fürsten von Anhalt sagen ließ, „der Finanzminister und der 
Feldmarschall des Königs von Preußen sein". Unablässig war er des¬ 
halb für die Verwaltung und die Finanzen und für Mehrung und 
tüchtige Ausbildung des Heeres thätig. Die Armee hat er während 
feiner Regiernngszeit fast um das Doppelte vermehrt; bei seinem Tode 
konnte er feinem Sohne ein Heer von 83,000 Mann hinterlassen. Bei 
der Ausbildung seiner Truppen stand ihm der gleichgesinnte Fürst Leopold 
von Dessau, „der alte Dessauer", sein berühmter Exerciermeister, ge¬ 
treulich zur Seite. Es gab in Europa keine schöneren Soldaten als die 
preußischen; der König pflegte sie seine „lieben blauen Kinder" zu nennen. 
Jährlich wurden die Truppen neu gekleidet, das Fußvolk blau, die Reiterei 
weiß, die Husaren roth. Auf Accurateste und Sauberkeit der Kleidung 
und des Körpers wurde mit der größten Strenge gehalten; der König 
als der erste Soldat legte sie selber an den Tag. „Er würde sich selbst 
in Arrest geschickt haben", sagt ein Zeitgenosse vom König, „hätte er 
irgend etwas an seinem Anzuge oder an seiner Bewaffnung zu tadeln 
gefunden." Eine wahre Leidenschaft hatte der König für langgewachfene, 
wohlgebildete Leute, und sein Leibregiment war unter dem Namen der 
„Potsdamer Riesen" überall berühmt. Diese liebte er so sehr, daß er 
einst, als ihm gemeldet wurde, es wäre in Berlin ein großes Unglück 
geschehen, der Turm der Petrikirche wäre eingestürzt, ganz ruhig ant¬ 
wortete: „Dachte ich doch Wunder, was es wäre! ich meinte schon, der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.