Full text: Thüringer Sagen und Nibelungensage (Teil 1)

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fttib, und dachte gewiß darüber nach, wie er als Fürst des Landes sie 
in ihren Geschäften fördern könne. Er ließ sich „leutselig" mit dem 
emen Kramer tn ein Gespräch ein, und das erwachte Mitleid zeigte 
ihm den rechten Weg. (Geleitsbrief, Unterstützung mit Geld, Kriegszug 
zur Wiedererlangung des gestohlenen Gutes.) Anfänglich wird ihm die 
ganze Sache vielleicht auch als ein Scherz vorgekommen sein, aber er 
rotrb bald gemerkt haben, daß seine Anteilnahme ein Sporn nicht nur 
fitr ben Krämer, sonbern für alle Kaufleute seines Lanbes war, unb 
n "un erst, indem sie seines Schutzes sicher waren, mit Ruhe und 
allem Eifer ihrem Geschäfte nachgehen konnten; denn sie brauchten nun 
ferne Angst mehr vor Räubern zu haben und verloren nicht mehr burch 
bte Gedanken an sie den Mut. So wurde durch Ludwig der Handel 
im Lande befördert. 
2. Ludwig war nicht an einen Unwürdigen gekommen. — Der 
Krämer hatte nicht durch seine Klagen das Mitleid des Landgrafen er¬ 
wecken wollen, um eine Unterstützung zu erlangen, sondern seine Worte 
oQsln r^e 2^W)eit. Er war fleißig und arbeitsam und benutzte den 
Zuschuß, um sein Geschäft zu vergrößern und immer bessere Waren 
mitzubringen. Er war redlich und betrog gewiß einen Käufer ebenso- 
wenig als den Landgrafen. (Ist es denn aber ehrlich, wenn man eine 
Ware teuerer verkauft, als man sie eingekauft hat?) Der Preis, um 
welchen er die Waren verkaufte, wird nur so viel die Waren überstiegen 
haben, daß er davon leben konnte, daß er für etwaigen Verlust einen 
Uberschuß hatte und sein Geschäft sich stets etwas vergrößerte; denn je 
größer sein Geschäft war, desto mehr konnte er seinen Mitmenschen 
nützen (mehr Waren, bessere Waren, Arbeiter beschäftigen >c.). 
3. Aber daß Ludwig das Land des Bischofs von Würzburg ver¬ 
wüstet! — Er wußte ja nicht, wer die Räuber seien, und dachte sich 
wohl, daß der Bischof ohne Not die Sache gar nicht untersuchen werde, 
baß er ihn dazu zwingen müsse; hatten doch die Ritter des Bischofs 
auch seinen Geleitsbrief nicht geachtet. Sonst würde er wohl einen 
Boten an den Bischof geschickt haben. (Aber für die Schlechtigkeit der 
Ritter und die Lässigkeit des Bischofs können doch die armen fränkischen 
Bauern nichts, deren Land und Dörfer verwüstet werden?) Daß Ludwig 
Unschuldige leiden ließ, war freilich nicht recht; vielleicht hat der 
Bischof seinen Unterthanen den Schaden ersetzt; denn hätte er besser 
aus Ordnung in seinem Lande gesehen, so wäre der Raub mit seinen 
schlimmen Folgen nicht geschehen. 
III. 1. Die Kaufleute damals und jetzt. — Die „Krämerei" in jener 
Zeit wurde wenig geachtet, ein Tagelöhner galt mehr. Es wird fast 
als eine Schande betrachtet, ein Krämer zu fein. Darum wird es 
wohl damals auch nicht so viel Kaufleute gegeben haben. Aber Land¬ 
graf Ludwig sah ein, wie wertvoll biefer Staub ist, barum beförberte 
er ben Handel. Später würbe biefe Ansicht immer verbreiteter. Jetzt 
giebt es in jebem Dorf ein ober mehrere Kaufleute, unb in ben (Stabten 
befinbet sich fast in jebem Haus ber größeren Straßen ein Laben. Der 
Kaufmannsstanb ist jetzt sehr geachtet. (Dazu IV, 1.)
	        
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