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seinem Niederdeutsch: „Nit Kopp af, min werte Fürst, nit Kopp af!"
Und als der Kaiser zugleich verlangte, daß sie von nun an weder in
den Kirchen noch in ihren Herbergen evangelisch predigen lassen sollten, da
antworteten sie: „Unsere Prediger predigen nur Gottes Wort, und diese
geistliche Nahrung können wir jo wenig entbehren wie die leibliche."
Erst als der Kaiser für den Gottesdienst beider Parteien das Predigen
verbot, fügten sie sich.
Nun sollten die Stände ihre Bekenntnisse dem Reichstag vorlegen.
Da erklärten die katholischen Stände, daß sie das Wormser Edikt seither
gehalten hätten und der heiligen Kirche treu geblieben wären, darum
wäre für sie eine schriftliche Darstellung ihrer Meinung unnötig. Das
war sehr klug, denn dadurch stellten sie sich als die getreuen Unterthanen
und als die gläubigen Christen hin, ihre Gegner aber als die Friedensstörer
und Neuerer, die sich für ihre Ketzerei vor dem kaiserlichen Gericht recht¬
fertigen müßten. Aber nun einigten sich auch die Evangelischen, daß
sie das kursächsische Bekenntnis als ihr gemeinsames Bekenntnis im
Namen der ganzen Partei einreichen wollten. Sie gingen zusammen
das Bekenntnis durch, billigten dasselbe und wollten es unterschreiben.
Als der Kurfürst Johann die Feder ergriff, meinte Melanchthon, ob es
nicht besser fei, wenn bloß die Theologen diese Religionssache unter¬
schrieben. Doch der Kurfürst antwortete: „Das wolle Gott nicht, daß
ich hiervon ausgeschlossen sein sollte, ich will mit Euch meinen Herrn
Christum bekennen." Und der Fürst von Anhalt sagte: „Ich habe
manchen Ritt gethan für gute Freunde, mein Herr Christus verdient
wohl auch, daß ich etwas für ihn wage.“ So unterschrieben die Fürsten
allein und zwei Städte. Und das war auch richtiger, würdiger und
gewaltiger.
Und wie lautete nun dies Bekenntnis? Stücke davon sollt ihr
kennen lernen.
Ergebnis aus dem zweiten Quellenstück.
Das Bekenntnis besteht aus zwei Teilen. Der erste enthält 21
Stücke über den Glauben und die Lehre und 7 Stücke über einige
kirchliche Gebrauche (Angaben über den Inhalt der wichtigsten Stücke
auf Grund der angeführten Stellen oder der früheren Lehren Luthers;
die genauere inhaltliche Besprechung des Bekenntnisses gehört in den
Religionsunterricht).
Offenbar ist derZweck der Schrift, den Unterschied und Zwiespalt c
zwischen den Katholiken und Protestanten als möglichst gering hinzustellen; >
die Protestanten fühlen sich im Glauben und in allen Hauptlehren Z
einig mit den Katholiken, rechnen sich daher ganz zur alten Kirche, von '
der sie nur durch Abstellung einiger Mißbrauche abgewichen sind; sie /
denken gar nicht daran, eine besondere neue lutherische Kirche zu gründen,
sondern wollen Glieder der alten, aber reformierten Kirche sein. Daher \
redet Luther von dem „Leisetreten" Melanchthons, und wie freundlich f
und versöhnlich die Schrift ist, sehen wir ja deutlich an dem milden
Artikel vom Heiligendienst und an der Weglassung der schlimmsten Miß-