Full text: Von Luther bis zum Dreißigjährigen Krieg (Teil 4)

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erweckte er seinen Diener Johann Eck, einen sonderlichen Feind Christi und der 
Wahrheit, gab ihm ein, daß er mich unversehens risse in eine Disputation und <er¬ 
griffe bei einem Wörtlein, von dem Papsttum gesagt, das mir ungefähr entfallen 
war. Da warf sich auf der große ruhmredige Held, sprühte und ichnaubte als 
hält' er mich schon gefangen; gab vor, er wolle zu Ehren Gott und Preis der 
heiligen römischen Kirche alle Dinge wagen und ausführen. Liesz sich dünken, eS 
sollt' ihm nicht wenig nützlich sein, wo er Doktor Luthern im Heerschild führte. _) 
Da ihm nun das mißlungen, will er unsinnig werden; denn er suhlt nun, wie 
durch seine Schuld allein des römischen Stuhls Schande und Schmach an nur sich 
eröffnet hat. Dieser ist, heiliger Vater Leo, Deines und des römischen Stuhles 
Feind. Von seinem einzigen Exempel mag ein jedermann lernen, das; kein fchand- 
licherer Feind sei, denn ein Schmeichler Was hat er mit seinem Schmeicheln an¬ 
gerichtet, denn nur solches Unglück, das fein König hätte zuwegebrmgen können 
Es stinkt jetzt übet des römischen Hofes Name in aller Welt, die päpstliche <lcht i]t 
matt, die römische Unwissenheit hat ein böses Geschrei. Das alles wäre nicht ge¬ 
schehen, wenn Eck Karls und meinen Vorschlag des Friedens nicht verrückt hatte. 
Nun hat Lerr Karl von Miltitz von mir begehrt, daß ich doch Deine Person, 
heiliger Vater ehren und mit unterthäniaer Schrift Deine und meine Unschuld be¬ 
kennen sollte, denn er meinte, es sei die Sache noch nicht im Abgrund verloren und 
verzweifelt, wenn der heilige Vater Leo nach seiner hochberühmten Gungteit die 
Hand daran legen wollte. , 
Also komme ich nun, heiliger Vater Leo, und zu Deinen^ußert liegend bitte 
ich, so es möglich ist, wollest Deine Hände daran legen, den Schmeichlern, die des 
Friedens Feind sind, einen Zaum einlegen. Daß ich aber sollte widerrufen 
meine Lehre, da wird nichts aus. Dazu mag ich nicht leiden Regel oder 
Maße, die Schrift auszulegen, dieweil das Wort Gottes, das alle Freiheit lehit, 
nicht soll noch muß gefangen fein. Wo mir diese zwei Stücke bleiben, so will u) 
alles, was mir sonst auferlegt wird, gern'thun und leiden. Ich bin dem x^aoci- 
feind, will niemand anregen noch reizen ; ich will aber auch ungereizt sein. Werde 
ich aber gereizt, will ich, ob Gott will, nicht sprachlos und schriftlos sein. L» mag 
ja Deine Heiligkeit mit leichten, kurzen Worten alle diese Haderei austilgen und 
daneben Schweigen und Frieden gebieten; welches ich allzeit zu hören ganz be¬ 
gierig gewesen bin. _ 
Darum, mein heiliger Vater, wollest je nicht hören Deine süßen Ohrensanger, 
die da sagen: Du seiest nicht ein bloßer Mensch, sondern gemischt mit Gott, der 
alle Dinge zu fordern und zu gebieten habe. Es wird nicht so geschehen, -Lu 
wirst's auch nicht ausführen. Du bist ein Knecht aller Knechte Gottes, und in 
einem gefährlicheren, elenderen Stand, denn irgend ein Mensch auf Erben. Laß 
Dich nicht betrügen, die Dir lügen und heucheln, Du seiest ein Herr der Welt , die 
niemand wollen lassen Christen sein, er sei denn Dir unterworfen', die da schwätzen. 
Du habest Gewalt in den Himmel, in die Hölle und in's Fegefeuer. Sie find Deme 
Feinde und fuchen Deine Seele zu verderben. Sie irren alle, die da sagen, Du 
seiest das Konzilium und gemeine Christenheit. Sie irren, Dir die Gewalt zu geben, 
die Schrift auszulegen. Sie suchen allesamt nicht mehr, denn wie sie unter Deinem 
Namen ihr unchristliches Vornehmen in der Christenheit stärken mögen. Kürzlich, 
glaube nur niemand, die Dich erheben, sondern allein denjenigen, die Dich demütigen. 
Du und Deine Vorfahren nennt Euch Statthalter Christi. Ich fürchte, Ihr seid 
nur zu sehr seine Statthalter. Denn ein Statthalter ist in Abwesenheit seines Herrn 
ein Statthalter. Wenn nun ein Papst in Abwesenheit Christi regiert, der nicht in 
seinem Herzen wohnt, so ist er eben ein bloßer Statthalter. 
Ich bin vielleicht unverschämt, daß ich den heiligen Vater so hohe Dinge lehren 
will. Aber ick» weiß, wie Deine Heiligkeit webt und schwebt zu Rom, das ist, auf 
dem höchsten Meer, mit unzähligen Fährlichkeiten und in solchem Jammer lebt und 
arbeitet, daß Dir wohl auch not ist des allergeringsten Christen Hülfe: so habe ich's 
nicht für ungeschickt angesehen, daß ich Deiner Majestät so lange vergesse, bis ich 
brüderlicher Liebe Pflicht ausrichte. 
Am Ende, daß ich nicht leer komme vor Deine Heiligkeit, so bring’ ich mit mir 
*) Im Triumph als einen Besiegten mit sich führte.
	        
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