4 2. Die alten Ägypter (Schluß).
die schönsten Polster und Speisen; starb ein solches Tier, so trauerten
alle Hausgenossen. Bei einer Feuersbrunst rettete man erst die Katzen,
dann die Kinder. Wer ein heiliges Tier tötete, mußte sterben. Biele
der heiligen Tiere wurden in Tempeln gehalten und nach ihrem Tode ein¬
balsamiert. Die höchste Verehrung genoß der Apis, ein Stier, von
welchem man meinte, daß die Seele des Osiris in ihm wohne. Er mußte
von kohlschwarzer Farbe sein, auf der Stirn einen dreieckigen weißen
Fleck haben und noch einige andere Abzeichen an sich tragen. Er wurde
zu Memphis in dem prachtvollen Tempel des Sonnengottes unterhalten;
knieend reichten ihm die Priester aus goldenen Schüsseln seine Speise.
Sein Tod versenkte das Land in die tiefste Trauer, die sich wiederum in
Jubel verwandelte, fobald ein Stier mit denselben Merkmalen aufgefun¬
den wurde. In diesen, glaubte man, sei nun die Seele des Gottes über¬
gegangen, und im Triumphe wurde der neue Apis nach Memphis geführt.
2. Lehrt boilt Jenseit. Die Ägypter waren sehr ernste Leute unb
dachten viel an den Tod. Bei Gastmählern war es Sitte, eine kleine hölzerne
Mumie herumzutragen und den Gästen zuzurufen: „Seid fröhlich und trinket;
aber gedenket daran, daß ihr bald sein werdet, wie dieser hier!" Wenn jemand
starb, so ging nach dem Glauben der Ägypter seine Seele mit der sinkenden Sonne
hinab in die Unterwelt und erschien vor Osiris, welcher, von 42 Totenrichtern um¬
geben, auf einem Throne saß. Feierlich prüfte er die Seele auf der Wage der
Gerechtigkeit, auf deren anderer Schale die Wahrheit in Form einer Straußenfeder
lag. Für die gottlos Erfundenen gab es sowohl einen Ort der Qual, als auch die
Strafe der Seelenwanderung. Vielleicht wurden zu letzterer die noch nicht
hoffnungslos Verlornen verurteilt. Eine solche Seele fuhr, so meinte man, in
ein Tier, wenn dieses starb, in ein anderes Tier und so fort, bis es ihr nach 3000jähriger
Wanderung gestattet wurde, wieder in einen Menschenleib zurückzukehren, um nun
vielleicht durch ein besseres Leben die Seligkeit zu erringen. Wer auf der Wage
des Osiris gerecht befunden wurde, kam nach den wonnigen Gefilden der Seligen.
3. Einbalsamierung der Toten. Das Wohlbefinden der Ge¬
storbenen hing nach dem Glauben der Ägypter — warum, wissen wir
nicht — auch von der Erhaltung des Leibes ab. Deshalb verwandten
sie eine so rührende Sorgfalt anf die Einbalfamiernng ihrer Toten.
Das Verfahren dabei richtete sich nach dem Range und Vermögen der
Verstorbenen. Die Leichen der Armen wurden bloß 70 Tage in ein
großes mit Natronlösung gefülltes Becken gelegt und dann in heißer Zug¬
luft getrocknet. Bei den Vornehmen war das Verfahren viel umständ¬
licher und kostspieliger. Zuerst nahm man aus dem Körper das Gehirn
und die Eingeweide als die verweslichsten Teile heraus und füllte den
Schädel und die Bauchhöhle mit Spezerei und persischem Erdharz (Munt,
davon Mumie); dann legte man den Leichnam 70 Tage in Natronlösung;
endlich umwickelte man ihn mit Byssnsbinden, welche mit Gummi be¬
strichen wurden. Auf solche Weise sind gewiß auch der Erzvater Jakob
und sein Sohn Joseph einbalsamiert worden. Die fertige Mumie wurde
in einen mit Hieroglyphen verzierten Sarg gelegt und in den Katakomben
aufrecht hingestellt. Manche dieser Mumien, welche Jahrtausende dev
Verwesung getrotzt haben, sind nach europäischen Museen gebracht worden.