— 62 —
2. Wie konnten die Beschwerden abgestellt werden? — Der König
mußte sich mit den Ständen einigen.
Ob wohl die beiden ersten Stände freiwillig auf ihre Vorrechte
verzichtet haben werden? — Wahrscheinlich nicht.
Nein. Wie war da zu helfen? Wie wurde überhaupt eine Ent¬
scheidung gegeben? — Durch Abstimmung. Da muß der dritte Stand
zusehen, daß er die Stimmenmehrheit erhält.
Das wäre auch möglich gewesen, denn der dritte Stand hatte 600
Vertreter, die beiden ersten Stände je 300. Aber der König bestimmte,
daß nach Ständen abgestimmt werden solle. — Da mußte natürlich der
dritte Stand trotz seiner 600 Mitglieder stets überstimmt werden (zwei
gegen einen).
Da sich die Vertreter des dritten Standes sagten, daß unter diesen
Umständen alles beim alten bleiben würde, so erklärten sie sich zur
Nationalversammlung. — Sie erklärten sich für die alleinigen Vertreter
des ganzen französischen Volkes. Aber das durften sie doch nicht, wenn
es nicht wenigstens der König zufrieden war?
Bald darauf faßte die neue Nationalversammlung sogar den Be¬
schluß, nicht früher auseinander zugehen, bis Frankreich eine neue Ver¬
fassung erhalten hätte. — D. H. bis die absolute Monarchie und mit
ihr alle Übelstände abgeschafft wären und eine stetige Volksvertretung
zur Mitregierung eingerichtet sei.
Das waren Eingriffe in des Königs Rechte, — der die Volksver¬
tretung auflösen konnte, wann er wollte.
Ja, damit begann die französische Revolution. — Aber hat sich der
König das alles ruhig gefallen lassen?
Er wagte es nicht, energisch aufzutreten, und nicht, sich entschieden
auf die Seite der Abgeordneten des dritten Standes zu stellen. — Er
war schwach und schwankend. Da mußte die Macht der Nationalver¬
sammlung immer größer werden.
Zusammenfassung. — W i e die Revolution beginnt.
3. Durch die Erfolge der Nationalversammlung wurde der Pöbel
in Paris aufgeregt. — Zusammenrottungen in den Straßen, auf den
Plätzen; Reden rc.
Eines Tages erscholl der Ruf in den Straßen: „Nach der Bastille!"
Das war eine alte, mit hohen schwarzen Türmen versehene Burg, die
als Gefängnis benutzt wurde. — Die Menge wollte diese Zwingburg
des Despotismus (in der zur Zeit Ludwigs XIV. und XV. viele un¬
schuldige Gefangene halten schmachten müssen) erobern und zerstören.
Es kam zu einem Kampf. Der Kommandant übergab zuletzt die
Bastille unter ber Bedingung, daß er und seine Soldaten freien Abzug
erhielten. Diese Bebingung würbe angenommen, aber kaum waren bie
Pöbelmassen in ber Bastille, ba fielen sie über ben Kommanbanten unb
seine Solbaten her, töteten sie, unb ber Kopf bes Kommanbanten würbe
auf einer Pike bavongetragen. — Warum hat ber König nicht Sol¬
baten nach Paris geschickt, um biefem Wüten unb Morben Einhalt zu thun?