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Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz dagegen
wurden zu Großherzogtümern erhoben. An Stelle des 1806 ausgelösten
Deutschen Reichs trat ein aus 38 Staaten (darunter 4 freie Städte)
gebildeter Deutscher Bund, dessen Angelegenheiten durch den Bundestag
zu Frankfurt a. M. beraten werden sollten.
2. Wie Napoleon nochmals die Herrschaft der hundert Tage auf¬
richtete. In Frankreich hatte unterdes die neue Regierung alles ge¬
tan, sich beim Volke unbeliebt zu machen. Napoleon, durch seine Ver¬
trauten von dem allen genau unterrichtet, verließ heimlich die Insel
Elba und landete am 1. März 1815 an der französischen Küste.
Jubelnd fielen ihm Volk und Heer zu. König Ludwig floh nach Gent,
zwanzig Tage nach seiner Landung zog Napoleon wieder als Kaiser in
Paris ein. So begann er die Herrschaft der 100 Tage. Die in Wien
versammelten Fürsten sprachen über Napoleon die Acht ans. Blücher
und Wellington (Wellingtn) drangen durch Belgien nach der fran¬
zösischen Grenze vor. Bei Ligny (Linji) wurden die Preußen zurück¬
gedrängt. Bei Waterloo (Belle-Allkmce, spr. Bähl Alliangß) erlitt
Napoleon eine völlige Niederlage. Die Kammern stellten an ihn die
Forderung, der Krone zu entsagen. Widerwillig fügte sich Napoleon.
Als die Heere der Verbündeten näher rückten, begab er sich an die
Küste, um nach Amerika zu fliehen. Da er den Hasen durch englische
Schiffe gesperrt fand, suchte er auf einem derselben Schutz. Als Ge¬
fangener wurde er nach der einsamen Felseninsel St. Helena geführt.
Sechs Jahre hat er hier noch als „General Vonaparte" gelebt; am
1821. 5. Mai 1821 ist er gestorben. Der zweite Einzug der Verbündeten in
Paris, die Rückkehr Ludwigs XVIII. auf den französischen Thron und
der zweite Pariser Friede bildeten den Abschluß der ganzen gewaltigen
Napoleonischen Kämpfe.
xvill. Deutschtands Einigung und Neugestaltung.
(Vergl. Kursus I, Seite 44—60.)
1. Erster Versuch.
1. Inwiefern in Europa Freiheitsbestrebungen sich regten. Die
durch die Französische Revolution geborenen Freiheitsideen wirkten in
immer weiteren Kreisen. Die Völker erwachten aus ihrem geistigen
Schlummer und ihrer politischen Gleichgültigkeit. Immer lebhafter und
dringlicher regte sich der Wunsch nach freieren Staatsoerfassungen mit
entsprechender Berücksichtigung der Rechte des Volks. Je weniger Be¬
achtung dieser Wunsch fand und je mehr die Regierungen bestrebt
waren, die unumschränkte Fürstenmacht wieder zur vollen Geltung zu
bringen, um so tiefer war die Verstimmung, um so größer der Unmut
1821. und die Unzufriedenheit. Zuerst erhoben sich im Jahre 1821 die
Griechen, welche seit der Eroberung Konstantinopels 1453 unter der
Herrschaft der Türken seufzten, um das fremde Joch abzuschütteln. In¬
folge der Unterstützung von seiten Englands, Rußlands und Frank-
1829. reichn errangen sie sich 1829 die Unabhängigkeit und erhielten in dem