Full text: Leitfaden der allgemeinen Weltgeschichte

§ 24. Die Karthager. 63 
(Richter) standen, deren Gewalt aber bedeutend durch einen Se¬ 
nat und durch die Volksversammlung beschränkt wurde. Wegen 
ihrer Verwandtschaft mit den Phöniziern wurden die Karthager 
auch Pöner oder P uni er genannt. Sie breiteten ihren Han¬ 
del und ihre Schiffahrt bald weithin aus und zeigten sich ebenso 
gewandt und unternehmend wie ihre Stammesgenossen, aber auch 
ebenso unsittlich, grausam und hinterlistig. „Punische Treue" 
galt gleichbedeutend mit Treubruch und Verrat. 
59) Da die Karthager danach strebten, im Mittelländischen 
Meere den Handel ausschließend zu besitzen, so suchten sie sich der 
Balearischen Inseln, sowie der Insel Sardinien zu bemächtigen, 
was sie in blutige Kriege verwickelte, die sie zwar mit einheimischen 
Feldherren, aber mit geworbenen Truppen und mit abwechselndem 
Glücke führten. Auch um die Insel Sicilien führten jie einen 
beinahe zweihnndertjährigen Kampf, und zwar mit den Herrschern 
von Sicilien wie mit Pyrrhns, König von C'pirns. Während 
diesem Kampfe war Karthago mehrmals seinem Untergange nahe, 
erhielt aber doch zuletzt die Herrschaft über sicilien. Aber jetzt 
wurden die Karthager mit den Römern in Krieg verwickelt, zn 
dem sich noch innere Unruhen gesellten. Insbesondere empörte 
sich ein Teil ihrer Söldlinge, und mit ihnen verbanden sich li¬ 
bysche Städte, die nur ungern das Joch der Fremden trugeu. 
Dieser Krieg dauerte dreiuudzwauzig Jahre und war einer der 264_ 
blutigsten und grausamsten, der mit der gänzlichen Vernichtung^^ 
der Meuterer endete. Nicht mit demselben Glücke kämpften die 
Karthager gegen die Römer. So glänzende Siege auch ihre 
Feldherren Hanno, Hamilkar Barkas, Hasdrubal, uud 
die Söhne Hamilkars, Hasdrubal und Hannibal, gegen 
die Römer erfochten, so endigte doch der dritte puuische Krieg hg 
mit der gänzlichen Zerstörung der Stadt und dem Untergängeü-Gt)L 
des Volkes. Afrika ward eine römische Provinz. 
60) Unter Kaiser Angustns wurde Karthago von dahingesandten 
Römern, die sich mit den Afrikanern vermischten, wieder aufgebaut unb ge¬ 
langte als Provinzialhauptstabt abermals zu hoher Blüte. Richt nur durch 
seinen Handel, sondern auch durch feine gelehrten Schulen war es aus¬ 
gezeichnet. 439 n. Chr. wurde es aber durch König Genserich erstürmt 
und blieb nun 94 Jahre lang die Hauptstadt des Vandalenreiches, bis es 
(533 n. Chr.) von Belisar wieder für das morgenländisch-römische Reich 
erobert wurde. 622 wurde es von den Sarazenen erstürmt und verbrannt. 
Einige zerbrochene Bogen und eine Wasserleitung, etwa 2 Stunden von 
Tunis, sind bie einzigen Spuren ber einst so mächtigen Hanbelsstabt. 
Anmerkungen. 
1. Karthago erfreute sich einer ungemcin günstigen Sage sowohl zu 
seinem Hanbel als zu feiner Verteidigung. Es lag im Innern eines
	        
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