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feldherrn, Bei Auerstädt geschlagen. Letzterer verlor durch eine
Kanonenkugel beide Augen.
Höchst traurig waren die Folgen der blutigen Oktober-
tage. Die ganze Armee löste sich in wilde Flucht auf. Ein Truppen¬
teil unter dem Prinzen von Hohenlohe wurde bei Prenzlau ge¬
fangen, ein anderer unter Blücher ergab sich nach rühmlicher
Gegenwehr bei Lübeck. Alle starken - preußischen Festungen, wie
Erfurt, Magdeburg, Spandau, Küstrin, Stettin u. ct., öffneten ohne
jeglichen Widerstand die Thore. Nur Kolberg unter Gneisenau und
Nettelbeck, Graudenz unter Courbiere und Pillau hielten sich. —
3m Laufe des Winters 1807 bemächtigten sich die Franzosen auch
Schlesiens, das Napoleon bei seinem raschen Vordringen anfangs
seitwärts liegen ließ. Auch vou den Kräften dieser Provinz wurde
kein Gebrauch gemacht. Die meisten Festungen wurden auf schimpf¬
liche Weise übergeben. Allein Kofel, wo der „alte Neumann" be¬
fehligte, Silberberg und Glatz behaupteten sich bis zu Ende des Krieges.
4. Fiksit. Die preußische Königsfamilie mußte zuerst nach
Königsberg, dann nach Memel fliehen. Die Truppen, die noch
kampffähig waren, zogen sich über die Weichsel zurück und vereinigten
sich mit den Russen. In der Schlacht bei Ey lau (im Februar 1807)
leisteten die vereinigten Heere erfolgreichen Widerstand. Bei Fried¬
land (im Juni) aber erlagen sie trotz ihrer Tapferkeit der Kriegskunst
Napoleons. _ Endlich kam der unglückliche Friede zu Tilsit zu¬
stande (Juli 1807). Preußens Geschick wurde noch dadurch ver¬
schlimmert, daß sich Rußland von ihm trennte. So erklären sich die
harten Friedensbedingungen: Preußen verlor alle Länder westlich
von der Elbe, sowie die durch die zweite und dritte Teilung Polens
erworbenen Länder, es mußte 120 Millionen Mark Kriegskosten
zahlen und durste ein Heer von nur 42 000 Mann halten.
5. Wach dem Iriedensschlich. Ein ungeheurer Druck lag
in den nächsten Jahren aus dem kleiuen Lande, das noch den Namen
Preußen führen durfte. Eine ganze französische Armee wurde über
das Land verteilt. Offiziere und Soldaten wurden dem Bürger ins
Haus gelegt, sie mußten ernährt und vergnügt werden. Auf Kosten
der Kreise mußten gemeinsame Tafeln eingerichtet und Bälle gegeben
werden. Der Soldat sollte sich für die Mühen des Krieges ent¬
schädigen. Auch die Friedensbedingungen veränderte man treulos,
gab z. B. die Festuugen nicht zurück, wie versprochen worden war.
Mehr als 200 Millionen Thaler haben die Franzosen damals aus
dem kleinen Lande gezogen. Selbst die Wohlhabenden beschränkten