Full text: Vaterländische Geschichte

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Rosse wiehern vor Kampfeslust. Über die Gefallenen hält der Auf¬ 
seher oder Grieswärter eine Stange. Die Knappen eilen herbei, um 
ihrem Herrn neue Lanzen zu reichen oder die Gefallenen in Sicher¬ 
heit zu° bringen und die ledigen Rosse einzufangen. Der Kampf er¬ 
neuert sich, bis die Herolde und Spielleute das Zeichen zum Ein¬ 
stellen der Feindseligkeiten geben. 
Nach Beendigung des Turniers, das oft mehrere Tage dauerte, 
wurden von den Preisrichtern die Sieger bestimmt. Wer die meisten 
Speere verstochen und die meisten Ritter überwunden hatte, dem 
überreichte eine Edeldame in feierlicher Weise den Preis oder Dank. 
War auch sein Wert gering, so ging doch dem Ritter die Ehre. 
der gefeierte Held des ^.ages zu sein, über allev. Sein Ruhm 
verbreitete sich weithin im Lande?) 
t 5. Die Ritterburg. Um sich bei den unaufhörlichen Kriegen 
und Fehden gegen feindliche Überfälle zu sichern, zogen im Mittel¬ 
alter die reichen Adligen aus den Dörfern entweder auf schwer zu¬ 
gängliche, von Sümpfen umgebene Inseln (Wasserburgen), oder auf 
steile Bergeshöhen. Ihre Wohnungen umgaben sie hier mit festen 
Mauern und Wallgräben; über letztere führte eine Zugbrücke, die 
nachts und in Kriegszeiten aufgezogen wurde. 
Die Ritterburg hatte zunächst den Zweck, den Ritter und seine 
Familie zu schützen oder zu bergen. Die meisten Burgen, die dem 
niederen, unbemittelten Adel zum Aufenthalte dienten, waren schlicht 
und einfach gebaut. Sie bestanden oft nur aus aufgetürmten Stein¬ 
massen und sahen mehr auf Sicherheit als auf Behaglichkeit. In 
der engen aber festen Behausung fand der Ritter mit den Seinen 
oft nur mit Mühe und Not ein Unterkommen. Ansehnlich gebaut 
und geräumig eingerichtet waren dagegen die Burgen der reichen 
Ritter und Fürsten ans erlauchtem Geschlecht. Eine solche Burg 
krönte nicht selten den Gipfel eines weit ins Thal vorspringenden 
Felsens, der nur von einer Seite zugänglich war. Der Burgweg 
bot meist nur einem Reiter Platz und konnte von dem Wächter 
auf dem Wartturme überschaut werden. Die Thore waren stark be¬ 
festigt. Über die Zugbrücke gelangte man in die Vorburg oder 
den Zwinger. Der innere Burghof wurde von den Wohngebäuden 
umgeben. Den letzten Zufluchtsort für die Belagerten bildete 
*) Sinnbildliche Ausdrücke: In Schranken halten, in die Schranken 
fordern; ausgestochen werden; aus dem Sattel heben; auf den Sand setzen; den 
Preis davontragen; einem die Stange halten; sich die Sporen verdienen; etwas im 
Schilde führen; im Stiche lassen.
	        
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