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Bei Beginn des Krieges hatte er eben erst die zwanziger Jahre überschritten. Als
seine Mutter von ihrem Sohne vor dem Garderegimente Abschied nahm, sagte sie: „Ich
verbiete dir, wieder vor meine Augen zu kommen, wenn du nicht Taten tust, die deiner
würdig sind." Diese Worte hat der Prinz nie vergessen.
In der Schlacht zeichnete er sich durch Kaltblütigkeit und tollkühnen Mnt
aus, und bald galt er für den tüchtigsten Feldherrn seiner Zeit.
2. Als Regent. 1780 starb sein Vater Karl I. Er hinterließ seinem
Sohne und Nachfolger ein ties verschuldetes, fast verarmtes Land. Der junge
Herzog aber wurde ein Segen für sein Land. An seinem Hofe sowohl wie in
der Verwaltung herrschte die größte Sparsamkeit. Mit strengem Blick überwachte
er die Beamten, und jede Nachlässigkeit im Dienste wurde hart bestraft.
Eines Morgens kam er um 9 Uhr ins Rathaus. Das Parteienzimmer war voller
Menschen, aber die Ratsstube war leer. „Zu wann seid ihr bestellt?" fragte er die Leute.
„Zu 9 Uhr," war die Antwort. „Geht nach Hause, Kinder! Ihr versäumt zu viel von
euren Geschäften." So sprach er und ging in die Ratsstube. Von 10 Uhr an erschienen
die Ratsherren alle nacheinander, um 11 Uhr kam endlich der Bürgermeister. Der Herzog
hielt ihnen eine derbe Strafpredigt und sorgte dafür, daß die Leute in Zukunft nicht wieder
zu warten Brauchten.
In wenigen Jahren waren die Schulden des Landes getilgt. Die Steuern
konnten herabgesetzt uud die Gehälter der Beamten aufgebessert werden. Der
Bauernstand erhielt eine Erleichterung dadurch, daß der Zehnte sowie der
Herrendienst herabgemindert wurde. Im Harze wurde den Leuten durch den
Bergbau Verdienst verschafft. Handel und Wandel hoben sich von Jahr zu Jahr,
die furchtbare Tortur (vergl. S. 13) wurde abgeschafft, und das Volk fühlte sich
unter der Regierung seines Herzogs wohl und glücklich. — Für Preußen zeigte
der Herzog stets eine besondere Vorliebe. „Mein Land kann mir mit Preußen
stehen und fallen," war sein Wahlspruch.
3. Nach dem Ausbruch der französischen Revolution führte er (1792)
das deutsche Heer nach Frankreich, das den französischen König schützen sollte
(S. 55.). Anfangs ging es zwar glücklich vorwärts, bald aber mußte er vor den
erbitterten Franzosen zurückweichen. Die Schuld lag namentlich an der Uneinigkeit
der Verbündeten. Nur durch eineu geschickten Rückzug vermochte er sein Heer vor
dem Untergange zu retten. Zwar erfocht er 1793 noch einige Siege, konnte sie
aber, da ihn die Verbündeten nicht gehörig unterstützten, nicht ausnutzen. Mi߬
mutig legte er den Oberbefehl nieder und kehrte nach Brauufchweig zurück. Hier
widmete er sich nun wieder ganz seinem Lande. In kluger Vorsicht ließ er die
Festungswerke in Braunschweig und Wolfenbüttel schleifen, da sie bei der neusten
Kriegführung leichter schaden als nützen konnten. An Stelle der Festungswerke
sinden wir jetzt in beiden Städten herrliche Promenaden.
46. Deutschland am Ende des J8. Jahrhunderts.
1. Die Fürsten. Seit dem 30jährigen Kriege war die Macht des Deutschen
Kaisers gebrochen. Deutschland war aus mehr als 300 weltlichen und geistlichen
Staaten und Reichsstädten zusammengesetzt. Jeder Fürst konnte Krieg führen
oder Frieden schließen, ganz wie es ihm beliebte. Er hatte auch das Recht,
Gesetze zu geben, die er für gut hielt, und Steuern aufzulegen, so viel er wollte.
Viele der kleinen Fürsten suchten Friedrich d. Gr. nachzuahmen uud wollten sich
Kahnmeyer u. Schulze, Geschichte für braunschweig. Schulen. 6