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Während Fröbel sich nun in wissenschaftliche Studien vertieste
bereiteten sich in Preußen große, weltgeschichtliche Ereignisse vor. Das
ganze Volk, erdrückt durch die Gewaltherrschaft Napoleons, erhob sich
duf den Aufruf des Königs vom 17. Maͤrz 1813. Es ist belannt,
welche Begeisterung alle Stände, die Universitätslehrer und Studenten
die Handwerker, die Bauern für den Freiheitskrieg erfüllte. Ein Mann
wie Fröbel, wenngleich Nicht-Preuße, mußte von diesem edlen Feuer
hingerissen werden. Im April 1813 zog er mit anderen Berlinel
Studenten unter Jahns Führung nach Dresden und trat bei den
Lützow'schen Jägern ein. Er und seine schon im Eingang erwähnten
Kriegskameraden Heinrich Langethal und Wilhelm Middendorf nahmen
an mehreren Gefechten, sowie an den Schlachten bei Groß⸗Görschen
und Lützen teil.
Inmitten der Wechselfälle des Krieges waren aus den Kameraden
Freunde geworden, eng verbunden durch die gleiche Begeisterung für
das schönste Werk des Friedens: „Menschenerziehung“. Und das
meinsame Ideal, das die Gesinnungsgenossen in einer so bewegten Zeit
einander nahe gebracht, führte sie nach Beendigung des Krieges wieder
in Berlin zusammen, wo sie in lebhaftem, geistigem Verkehr ihre An⸗
sichten und Pläne zur Verwirklichung ihrer Ideeen austauschten. Noch
aber war jeder von ihnen an seinen eigenen Pflichtenkreis gebunden
und mußte erst seine persönlichen Verhältnisse ordnen, ehe sie völlih
neue Lebensaufgaben übernehmen durften.
Fröbel war der erste, der Berlin verließ. Ein Bruder von ihm
Pfarrer im schwarzburgischen Dorfe Griesheim, war gestorben. Die
Witwe bat Fröbel, sich ihrer vaterlosen drei Knaben anzunehmen. Er
erkannte darin einen Ruf der Vorsehung, eilte 1816 nach Grieshein
nahm noch zwei Söhne eines anderen Bruders hinzu und widmete sich
ganz der Erziehung seiner fünf Neffen. Schon im folgenden Jahre
1817, trafen auch seine beiden getreuen Kriegskameraden bei ihm ein
bereit, mit ihm sein begonnenes Erziehungswerk weiter auszubauen
So wurde das benachbarte Keilhau zur Errichtung der im Eingan⸗
erwähnten „Allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt“ gewählt
Es ist nicht leicht, sie in ihrer Eigentümlichkeit zu veranschaulichen
Sie war — wie man sich vielleicht heute ausdrücken würde — eint
Art von Real-Gymnasium, d. h. eine höhere Unterrichtsstätte zur wissen
schaftlichen Ausbildung von Knaben, doch zugleich so eingerichtet, daß
bie Zöglinge durch praktische Unterweisungen und Übungen frühzeiti
auf das Getriebe des wirklichen Lebens hingeleitet wurden. Neben
dem Studium der griechischen und lateinischen Sprache und Litteratun
Naturkunde u. s. w. wurden Buchbinderei und andere Handwerke in
besonderen „Arbeitswerkstätten“ planmäßig getrieben. Dies usprach
ganz eigentlich den Ideeen Fröbels. Nach seinen Erziehungsgrundstzen