fullscreen: Lehrbuch der Geographie

62 Hus. Die Hussiten. §§ 70. 71. 
2. Die Kirchenspaltung war beseitigt, aber die Kirche zu bessern hat 
das Konzil nicht vermocht. Ja es ließ sich dazu hinreißen, einen frommen 
Mann zu verurteilen, der mehr als irgend ein anderer die Fehler der 
Kirche und die Mittel zu deren Abhilfe erkannt hatte, den böhmischen 
Priester und Universitätslehrer Johann Hus. . Er war in Prag Beicht¬ 
vater der Gemahlin Wenzels gewesen und war, angeregt durch die Schriften 
des Engländers WMf, gegen den Ablaßhandel wie gegen die Sitten- 
losigkeit der Geistlichen aufgetreten; dabei hatte er freilich auch die Deut¬ 
schen als solche heftig bekämpft. Der Papst hatte ihn abgesetzt und in den 
Bann getan. Hus hatte dagegen Berufung eingelegt und war zuletzt nach 
Konstanz entboten worden, wo auch seine Sache entschieden werden sollte. 
Obwohl er von Siegmund einen Geleitsbrief für die Hin- und Rück¬ 
reise erhalten hatte, war er doch einige Zeit nach seiner Ankunft in 
Konstanz auf Veranlassung der dort anwesenden Kardinäle verhaftet und 
ins Gefängnis geworfen worden, und der König überließ nach anfäng¬ 
lichem Widerstreben den Ketzer dem Urteilsspruch des Konzils. Da 
Hus, der sich auf sein Gewissen und die Heilige Schrift berief, den ge¬ 
forderten Widerruf verweigerte, so verdammte ihn das Konzil. Unter 
den fürchterlichsten Verwünschungen wurden ihm die Priesterweihen ge¬ 
nommen, sein Leib dem Tode und seine Seele dem Teufel übergeben. 
„Und ich", sprach Hus, „befehle sie in die Hände meines Herrn Jesu 
Christi!" Betend schritt er durch die unzählige Menge zum Scheiter¬ 
haufen. Als die Glut um ihn emporstieg, rief er laut: „Vater, in deine 
Hände befehle ich meinen Geist!" Aber als er es zum drittenmal rief, 
schlug ihm die Lohe ins Angesicht; man sah seine Lippen noch wie im 
1415. stillen Gebet sich bewegen; dann senkte er das Haupt und starb. Seine 
Asche ward in den Rhein gestreut. Ein Jahr später endete sein Freund 
Hieronymus von Prag an derselben Stelle. 
§ 71. Die Hussiten. Die Böhmen gerieten in wilden Zorn 
über die Hinrichtung ihres Propheten, und als König Wenzel 1419 starb, 
wollten sie seinen Bruder und Erben Siegmund, weil er Hus sein Wort 
gebrochen, nicht zum König haben, sondern begannen, geführt von dem 
einäugigen und dann durch einen Pfeilschuß ganz erblindeten Johann 
Ziska, der trotzdem bis zum Tode seinen Feinden furchtbar blieb, einen 
wütenden Religionskrieg (1419—1434) gegen Kaiser, Reich und Kirche, 
von denen sie mit Gewalt zum Gehorsam zurückgeführt werden sollten. 
Die Hussiten, wie sie genannt wurden, verlangten vor allem das Abend¬ 
mahl unter beiderlei Gestalt, d. i. Brot und Wein; sie führten das 
Bild des Kelches als Zeichen ihrer Forderungen und ihres Bekenntnisses 
in ihren Fahnen. Vergebens sammelte Siegmund seine Heere gegen sie. 
Vor dem Rollen ihrer Wagen, die sie zu Wagenburgen um ihr Lager 
aufbauten, vor dem Brausen ihrer begeisterten Kampfgesänge, vor ihren 
gerade geschmiedeten Sensen, ihren Dreschflegeln und Morgensternen
	        
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