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dürftige Stadtkinder atmen in Ferienkolonien sonnige Luft und er—
göten sich am Waldesgrün. In heilanstalten und Seehospizen finden
raͤnke Kinder Linderung und Gesundung. Wir freuen uns besonders,
daß die Liebe edler Menschen dafür gesorgt hat, daß auch viele er—
holungs⸗ und badebedürftige Frankfurter Kinder den Segen der
heilenden Naturkräfte haben erleben können.
Aber allen Heilquellen dieser Erde ist auch etwas Sinnbildliches
eigen; sie weisen über sich hinaus auf etwas höheres. Wohl ist es
schön, wenn das Siechtum schwindet, die Genesung des Lebens Pulse
frischer und freudiger schlagen läßt. Wie beglückend, wenn matte
Kräfte neu gestärkt, schwache Glieder wieder gefestigt sind! Diese
Frühlingsstimmung der leiblichen Genesung muß in dankbarem Seelen⸗
subel ausklingen. Aber es gibt noch eine höhere Genesung; die
schöpfen wir nicht aus Thermal- und Mineralquellen. Diese Ge—
nesung der Seele, die Erneuerung des innern Lebens verdanken die
Golleskinder der Gottes- und Geistesquelle, die Jesus Christus,
unser Arzt und Heiland, uns in seiner Barmherzigkeit aufgetan hat.
Gott ist unser Heil. In dieser Quelle badet unser heiland die schuld⸗
beladene Seele rein und richtet die gesunkenen Kräfte des Muts und
der Hhoffnung wieder auf.
Solange die Not auf einen Menschen nicht erzieherisch einge—
wirkt hat, ist die Not noch nicht vorbei, und solange eine Krank⸗
heit die herzen nicht zu Gott geführt hat, solange ist sie nicht ge—
wichen troͤz aller irdischen Heilquellen. Im Kampf des Lebens, in
der Hitze des Tags wollen wir aus der wahren heilquelle schöpfen,
und die Wunden des herzens werden heil!
Julius Werner, Das Licht des Lebens.
102. Wanderung im Odenwald.
Odins Höhen lagen fast vergessen, zerbrochen und zerstoben die
letzten Trümmer des Altars, geborsten die Eiche, schweigend nur sich
selbst erzählend von dem Geschlecht, das, in Wäldern und Schluchten
nach Bären und Wölfen jagte und frohe Opferfeste hier oben feierte.
Auch der Harfenklang des Minnesängers und das dröhnende Jagdhorn
des Siegfried und Hagen, sie haben fast nur an den Bergwänden des
Odenwaldgebirges sich ein Echo erhalten. Doch ein Held ist erschienen,
der durch Geisteswerk mit der Kraft des einst wild stürmenden Siegfried
die Banugeister verjagte, die den Zutritt in den Odenwald hemmten.
Schnell und bequem führt über saftig grüne Talgründe, an bewaldeten,
steilen Höhen vorbei, in langen Tunnels durch die Berge, in hoch—
gespannten Bogen über die wild purzelnden Bergwässerlein eine interessante
Eisenstraße als Werk menschlicher Kunst, die wir bewundern und preisen.
Und ein Verein, der „Odenwaldklub“, der seine Verbindungen über den
ganzen Odenwald ausdehnt, weckt durch seine Ausflüge und Zusammen—
künste das Interesse für die heimatliche Erde in allen Kreisen der Oden—
waldbevölkerung und bahnt durch Anlagen, Ruheplätze und Wegweiser
dem Touristen die Pfade durch das Gewälde.