- 66 — 
entgelten, was ich Brunhilden zu leide gethan habe." Hagen ant¬ 
wortete daraus: „Es ist alles vergessen, und ich ziehe eben mit in 
den Krieg, um Sigfrid zu dienen. Wenn ihr sorgt, daß er verwundet 
werde, so vertrauet mir an, wie ich ihn beschützen kann." Arglos 
sprach das edle Weib: „Zwar ist Sigfrid durch seine Hornhaut so 
geschützt, daß ich ohne Sorge sein könnte. Aber als er sich in dem 
Blute des Drachen badete, fiel zwischen die Schultern ein breites 
Lindenblatt, so daß dort die Haut nicht hörnen ward. Kommen 
nun in dichten Flügen die Kriegsspeere auf ihn angeflogen, so könnte 
doch einer diese Stelle treffen." Hagen riet ihr, auf dem Gewände 
Sigfrids die gefährliche Stelle mit einem kleinen Zeichen anzudeuten, 
er wollte ihn dort getreulich schützen. Darauf nahm er urlaub und 
ging von dannen, froh darüber, daß er das Geheimnis erfahren hatte. 
Am folgenden Morgen begann die Kriegsfahrt. Hagen ritt nahe 
an Sigfrid heran um zü sehen, ob Krimhild das Zeichen eingenäht 
hätte. ' Als er es erkannte, schickte er heimlich zwei seiner Mannen 
voraus, daß sie dem Herrn Sigfrid entgegenkommen und sagen 
sollten, Lüdeger hätte sie gesandt und ließe dem König Günther 
Frieden entbieten. 
Ungern kehrte Sigfried wieder um. Als er vor den König kam, 
dankte ihm dieser für seine Bereitwilligkeit, ihm zu helfen. „Nun 
lohn euch Gott, Freund Sigfrid," sprach er, ..daß ihr gern thun 
wolltet, was ich mir not wahnte. Da wir aber der Heerfahrt nun 
entledigt sind. so wollen wir Bären und Schweine im Wasgenwald 
jagen; daß soll man allen meinen Gästen kund thun." Diesen Rat 
hatte Hagen, der ungetreue Mann, gegeben. 
14. Die Helden ritten von dannen in den wilden Wald. Mancher 
schnelle Ritter folgte zur Kurzweil Günthern und Sigfriden; Gernot 
und Giselher aber blieben daheim. Schwer beladene Roffe folgten 
den Iagdgefellen, die trugen Brot und Fleisch und mancherlei Gerät, 
wie es einem so reichen Könige zukömmt. 
Vor dem Walde ließ man die stolzen Jäger auf einem breiten 
Anger Herbergen. Dann ward an allen Enden die Warte bestellt. 
Da sprach Sigsrid: „Wer soll uns in den Wald nach dem Wilde 
weisen, ihr raschen Degen?" — „Wir wollen uns scheiden," ant¬ 
wortete Hagen, „ehe wir hier zu jagen beginnen: so mögen wir 
erkennen, wer die besten Jäger Leute und Hunde wollen wir 
teilen dann gehe jeder, wohin ihn gelüstet, und wer das Beste jagt, 
dem wollen wir alle dank sagen." Da verweilten die Jager nicht 
lange mehr bei einander. 
Der alte Waidmann, den Sigfrid zum Führer erwählte, nahm 
einem guten Spürhund und brachte den Herrn in kurzer Zeit dahin, 
wo sie viele Tiere fanden. So viel nun deren aus ihrem Vager 
hervorkamen, die erjagten die guten Gesellen. Auch ein starker Eber 
ward von dem Bracken aufgetrieben. Als der fliehen wollte, kam 
Sigfrid im schnellen Lauf herbei und vertrat ihm den Weg. jn 
grimmigem Zorn stürzte das Schwein dem kühnen Degen entgegen, 
er aber sing es mit dem Schwerte ab: kein anderer Degen hätte 
das so leicht gethan.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.