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ankommen sah. beeilte er sich, dieselben aus Schiffen über das Meer
nach Asien hinüberbnngen zu lassen. In Asien aber, wo der Weg oft
durch wüste Gegenden führte, und wo die aus ihren raschen Rossen von
allen Seiten heranschwärmenden Türken den schlecht bewaffneten Haufen
wiederholt angriffen und bedrängten, ging die Not erst recht an. Was
nicht dem Hunger und Durst und dem Schwerte der Türken erlag,
wendete sich zur Flucht, aber nur wenige kamen bis Konstantinopel
zurück, unter ihnen auch Peter der Einsiedler, während der Ritter
Walther im Kampfe gefallen war.
6. Unterdessen kam auch das mit Lebensmitteln und Waffen
wohlausgerüstete Heer der Ritter unter der Führung verschiedener
Fürsten in Konstantinopel an. Einer der hervorragendsten Führer
war der Herzog Gottfried von Bouillou.
Auch dieses Heer wurde auf Schiffen über das Meer nach Asien
gebracht, und auch dieses Heer hatte gar viel zu leideu vou der Hitze
der Gegenden, durch die man wanderte, von Hunger und Durst und
von den fortwährenden Angriffen der Türken. Manche Schlacht mußte
geschlageu, manche Stadt belagert und erobert werden. So ging es
gar langsam vorwärts, und das Heer schmolz gewaltig zusammen.
Endlich gelaugte mau in die Nähe der Stadt Jerusalem. Als
die vordersten im Heere auf der Höhe vou Emmaus anlangten und
die heilige Stadt vor sich liegen sahen, da erscholl ein lauter Freuden¬
ruf, der sich bald bis in die hintersten Reihen des Heeres fortpflanzte.
Tie Ritter fielen auf ihre Kniee, und fromme Dankgebete stiegen zum
Himmel auf.
7. Aber nun stand den Kreuzfahrern das Schwerste noch bevor,
die Eroberung der Stadt Jerusalem, die vou einem gewaltigen tür¬
kischen Heere verteidigt ward. Die Stadt ward von dem christlichen
Heere ringsum eingeschlossen, aus fernen Gegenden holte man Baum¬
stämme herbei, um aus ihnen Belagerungstürme und Belageruugs-
maschinen zu erbauen. Zu den letzteren gehörten die Manerbrecher,
starke Baumstämme, die vorn mit Eisen beschlagen und in der Schwebe
aufgehangen waren. Zogen starke Hände dieselben zurück, um sie dann
gegen die Mauer vorstoßen zu lassen, so konnte der oft wiederholte
Anprall wohl ein Loch auch in die stärkste Mauer stoßen. Damit aber
die Männer, welche den Mauerbrecher oder den sogenannten Widder be¬
dienten, vor den Geschossen der auf der Stadtmauer Wache haltenden
Türken sicher waren, war über dem Orte, von wo aus sie den Widder
zurückzogen und dann wieder nach vorn schießen ließen, ein Schutzdach
aus Brettern errichtet. Die Belagerungstürme wurden auf starken
Rädern errichtet, um sie von dem Orte ihrer Erbauung gegen die
Stadtmauer vorschieben zu können. Sie bestanden ans Balken uud
Bretteru; im Innern führten Stufen von dem an der Rückseite liegenden
Eingänge hinauf bis zu der iu Mauerhöhe der Mauer gegenüberliegenden
Öffnung. An dieser war eine Fallbrücke angebracht, die, wenn sie herab-
31. Richter, Geschichtsbilder. 3