Full text: Vorderasien und Griechenland (Bd. 1)

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einen lahmen Knabenlehrer, wie es heißt, in Wahrheit aber 
war er ein tüchtiger Kriegsmann und ein trefflicher Dichter. 
Der ermnthigte die Spartaner aufs neue durch seine Gesänge, 
von denen noch einige erhalten sind, und führte sie zum 
Sieg. Am großen Graben wurden die Messenier im 
dritten Jahre des Krieges, allerdings durch den Verrath des 
arkadischen Königs Aristokrates, völlig geschlagen, so daß sie 
das offene Feld nicht mehr halten konnten und sich ans die 
Bergfeste Eira an der arkadischen Grenze zurückzogen. 
In Eira hielten sich die Messenier noch 11 Jahre, stets 
von den Spartanern belagert; aber Aristomenes machte mit 
einer auserlesenen Schaar von 300 Jünglingen noch man¬ 
chen kühnen Streifzug und fügte den Spartanern tausend¬ 
fachen Schaden zu. Dreimal ward er gefangen, und dreimal 
befreite er sich. Einmal löste er seine Fesseln dadurch, daß er 
sich, während seine Wächter schliefen, ans Feuer wälzte und 
die Riemen durchbrannte. Ein andermal hatten ihn kretische 
Bogenschützen während eines Waffenstillstandes gefangen 
genommen. Sie brachten ihn gebunden in ein Gehöfte, wo 
eine Wittwe wohnte mit ihrer Tochter. Die Tochter hatte 
in der Nacht geträumt, sie löfe einem Löwen die Fesseln. 
Als sie von ihrer Mutter erfuhr, wer der Gefangene sei, be¬ 
schloß sie, diesem Löwen die Fesseln zu lösen. Sie machte die 
Kreter trunken, und als sie in tiefem Schlafe lagen, entledigte 
sie den Helden seiner Fesseln. Der tödtete die Kreter alle und 
eilte nun wieder zu den Seinen. Seine Retterin vermählte 
er später mit seinem Sohne Gorgos. Zum drittenmal wurde 
Aristomenes gefangen, nachdem er in einem Kampfe durch 
einen Steinwurf betäubt worden war. Man führte ihn mit 
50 andern Gefangenen nach Sparta, und hier beschloß man, 
ihn mit seinen Gefährten in den Kaiadas zu werfen, einen 
Schlund, in den die Verbrecher gestürzt zu werden pflegten. 
Die andern fanden durch den Sturz sogleich den Tod; aber 
Aristomenes, der aus sie siel, blieb am Leben und sogar ohne 
Verletzung; ein Adler, so erzählt die Sage, flog unter ihm 
auf und trug ihn sanft hinab. Aber in dem gräßlichen 
Schlunde, der keinen Ausweg bot, unter den vermodernden
	        
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