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findet, so werden die Schüppchen der Hornhaut festgehalten und
helfen so den Leib noch mehr auf kleistern. Werseine Gesundheit
erhalten will, muß daher für gründliche Hautreinigung
seines Körpers sorgen. Mit dem Wasser muß man ein wenig
Seife anwenden, weil Seife die Fette löslich macht. Es ist Tatsache,
daß die meisten der gewöhnlichen Krankheiten ihren Grund in unter¬
drückter Hauttätigkeit haben.
Zum Lobe der Abwaschung mit kaltem Wasser und des kalten
Bades sei schließlich noch folgendes gesagt: In der zweiten Haut
stecken Blutadern und Nerven; auch auf diese hat es Einwirkung^
wenn die Oberhaut rein gehalten wird. Durch fleißiges Baden hebt
sich die ganze Lebenstätigkeit des Körpers, was man am Appetit bald
merkt; auch fühlt man sich abgehärtet gegen Einwirkungen der Witterung,
die sonst nicht selten die Quelle schwerer Leiden sind.
A. Bernstein
59. Pflege deine Kranken mit Hingebung und Geduld!
Selbst bei der vernünftigsten Lebensweise läßt sich der unerbittliche Feind
des Lebens, die Krankheit, nicht von der Schwelle unseres Hauses bannen.
Man hat oft gesagt, daß an einem Krankenlager keine Hand die weibliche,
kein Herz das weibliche ersetzen kann. Nicht mit Unrecht! Die meisten
Frauen haben ein unbestreitbares Talent zur Krankenpflege, das sich auf Selbst¬
losigkeit, Selbstbeherrschung, Milde, Ruhe, unermüdliche Geduld und Auf¬
merksamkeit gründet.
Sogar in der stillen, einsamen Nacht bleibt die Frau geduldig und
opferfreudig an ihrem Platze. Ihr Ohr erfaßt die leiseste Bewegung, das
leiseste Flüstern des jetzt mehr als je geliebten Kranken. Ihr Auge schließt sich
nie, ihr Gemüt ermattet nicht und ihre sonst schwache Natur hat jetzt eine
übermenschliche Kraft erhalten.
Es ist selbstverständlich, daß die Pflegerin die Befehle des Arztes auf
das pünktlichste vollzieht; doch hat sie daneben noch ein weites Feld selb¬
ständigen Handelns. Sie sorge vor allem für gute Luft im Krankenzimmer,
vermeide aber sorgfältig Zugluft; sie regle die Beleuchtung, richte und
ordne das Bett, nehme die Waschungen des Kranken vor, beschaffe Bett-
und Leibwäsche, reiche dem Fiebernden den kühlenden Trank, gebe zur
rechten Zeit die vorgeschriebene Arznei, biete ihren Arm dem sich mühsam
Aufrichtenden zur Stütze, kurz, sie tue alles, was sie dem Leidenden an den
Augen absieht ohne vorerst von ihm gebeten worden zu sein.
Die Zeit des ärztlichen Besuches ist der Pflegerin in der Regel bekannt.
Bis dahin muß das Zimmer in Ordnung sein. Waschschüssel, Seife und
ein reines Handtuch sind für den Arzt bereit zu halten, ebenso ein Thermo¬
meter zur Meffung des Fiebers.
Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen. 8