Full text: Von der Französischen Revolution bis zur Erneuerung des Deutschen Kaiserreiches (Bd. 5)

32 Vierte Periode. Die Zeit der Kreuzzüge und der Hohenstaufen. 
halten, die Bedrängten zu beschützen und gegen die Frauen höflich und 
bescheiden zu sein; dann empfing er den Ritterschlag. 
Auch die Mädchen wnrden, wenn sie nicht im Kloster erzogen 
wurden, gewöhnlich an den Hof des Lehnsherrn geschickt, wo sie uuter 
der Obhut der Burgfrau standen und von einer „Meisterin" in der 
Anstandslehre und m Haus- und Handarbeiten, namentlich im 
Spinnen, Schneidern und Sticken*) unterwiesen wurden. Daneben 
lernten sie von dem Geistlichen des Hofes lesen und schreiben und von 
fahrenden Sängern „singen uud sagen". Auch eine erweiterte Bilduug 
war bei vornehmen Frauen häufig: viele kannten das Lateinische und 
Französische, waren in der Dichtkunst Wohl bewandert, spielten die Fiedel 
und die Harfe, verstanden eine anregende Unterhaltung zu führen und 
im Schachspiel den Gegner matt zu setzen. Im allgemeinen besaßen die 
Frauen eine höhere Bildung als die Männer. 
3. Turniere waren im Frieden die liebste Beschäftigung der Ritter. 
Der weite Turnierplatz war von Schranken umgeben, hinter denen 
auf erhöhten Sitzen die Damen und die Preisrichter saßen. Eine 
große Menschenmenge versammelte sich außerhalb der Schranken, um 
das glänzende Schauspiel zu verfolgen. Auf den Ruf des Herolds 
ritten die schwer gerüsteten Teilnehmer (Fig. 83 und 118) mit ein¬ 
gelegter Lanze paarweise oder haufenweise gegen einander, um 
die Gegner aus dem Sattel zu heben und gefangen zu nehmen. Nach 
Beendigung der Kämpfe, die ganze Tage, auch wohl mehrere Tage 
dauern konnten, erhielten die Sieger nach dem Urteil der Preisrichter 
die vom Veranstalter des Turniers ausgesetzten Preise. 
Vergleiche die Turniere mit den Kampfspielen des Altertums. 
Die Burg. Die Ritter- und Fürstenburgen wurden gern auf 
Berghöhen angelegt. Manche sind aus früheren römischen Befestigungen 
erwachsen (z. B. Steinsberg, Fig. 78). Eine große Burg war von einer 
weiten Ringmauer mit Zinnen und Türmchen umgeben, die den äußeren 
Hof umschloß (vgl. Fig. 86). In die eigentliche Burg führte, falls sie 
wieder von einer Mauer umgeben war, über den Burggraben die 
Zugbrücke. Der wichtigste Bestandteil war der Turm. Über dem 
Rittersaal arbeiteten in der Kemenate die Frauen und Mädchen 
(Fig. 81) oder sahen den Waffenübungen zu, die auf dem Hofe ange- 
*) Die deutschen Frauen waren berühmt als Stickerinnen, und die kunstvoll 
gestickten Kleider ihrer Männer wurden viel bewundert. In Museen ist manches 
von diesen Arbeiten erhalten. — Im Nibelungenliede (Str. 352 ff.) verfertigt 
Kriemhild mit dreißig ihrer Jungfrauen kostbare Kleider für Gunther und dessen 
Genossen.
	        
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