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Waffen beraubt. So ohne Rüstung wurde er fortgeführt. Ein Ritter
aber verfolgte ihn mit dem Ruf: „Da ist der König, der meinen Bruder
schmachvoll getötet hat; jetzt soll er die Tat büßen!" Sprach's, zog das
Schwert und versetzte dem Böhmenkönig einen kräftigen Hieb ins Gesicht.
Ein zweiter Ritter aber, der diesem folgte, durchbohrte den Leib des
Königs mit dem Schwerte. Der, welcher Ottokar gefangen hatte, war
sehr aufgebracht darüber und würde den Böhmenkönig gern geschützt haben,
wenn seine Kräfte ausgereicht hätten.
Auch König Rudolf kämpfte gegen seine Feinde auf das tapferste.
Endlich kam ein starker Mann und bedrängte den König mit seinen Hieben.
Und da er den König nicht besiegen konnte, durchbohrte er dessen Roß
mit der Lanze. Retter und Roß stürzten zugleich; der König lag auf
der Erde hingestreckt neben einem Bache ohne alle Hilfe. Er legte seinen
Schild auf sich, um nicht sogleich von den Füßen der Rosse zertreten zu
werden. Nachdem die Pferde vorüber waren, hob ihn jemand vom Boden
auf. Da sagte Rudolf: „Rüstet mir schnell ein anderes Pferd!" Sobald
dies geschehen war, bestieg er das Roß und rief mit starker Stimme die
©einigen heran, ihm zu helfen. Es kamen etwa 50 zu ihm. Mit diesen
fiel er dem böhmischen Heere in die Seite, teilte es in zwei Teile und
warf sich mit Macht auf den Hinteren Teil. Der vordere Teil des böh¬
mischen Heeres rief: „Sie fliehen! sie fliehen!" um so das Heer des Königs
Rudolf zu täuschen. Aber je mehr die Böhmen schrien, um so mehr be¬
drängten die Deutschen sie mit ihren Hieben. Man sagt, daß in dieser
Schlacht 14 000 Mann ihr Leben eingebüßt hätten.
König Rudolf blieb mit den Seinen nach der Sitte drei Tage lang
auf dem Schlachtfelde, damit niemand seinen Sieg anzweifeln könne.
Unter den Leichen der Gefallenen wurde der Böhmenkönig tot aufgefunden.
Als Rudolf die blutige Leiche des Königs erblickte, der nackt und des
königlichen Schmuckes beraubt dalag, jammerte ihn dessen kläglicher Fall.
Er ließ den Toten auf einem erhöhten Platz sorgfältig bewacht zur Schau
stellen, damit alle sich überzeugen könnten, daß er gefallen und tot sei.
Er dachte dabei an beit ehemaligen Kaiser Friedrich, über den damals
viele stritten, ob er gestorben sei oder noch lebe. Auf dem Marchfelde,
wo die Toten haufenweise lagen, entstand eine so üble Ausdünstung, daß
mehrere Leute des Dorfes Dürnkrut erkrankten oder starben; auch Geister¬
erscheinungen setzten viele Abergläubische in großen Schrecken. Nach der
Schlacht blieb König Rudolf so lange in Wien, bis er alles geordnet
hatte. Das Land Österreich gab er seinen Söhnen Rudolf und Albrecht
und machte sie zu Herzogen.
Sche iblhuder, Deutsche Geschichte. I. Band. 3. Auflage.
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