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das kaiserliche Volk zu dem Feinde überführen und ihrer kaiserlichen
Majestät die Krone vom Haupte herunterreißen wollte? Deswegen mußt
du jetzt sterben." Er wartete noch ein wenig, ob der Herzog etwas
rede. Wallenstein sprach kein Wort; er breitete die Arme aus und
empfing vorn an der Brust den Stoß mit der Partisane. Dann fiel er
tot zu Boden. In derselben Stunde entstand ein schreckliches Windes¬
brausen, das bis nach Mitternacht dauerte.
Nach vollbrachter Tat versperrten die drei Obersten die Kanzlei
und nahmen die Schlüssel zu sich. Den Leichnam wickelten sie in ein rotes
Tuch und in einen Teppich, legten ihn in Leslies Kutsche und ließen ihn
zu den anderen Toten in das Schloß führen. Auch Wallensteins Möbel
und was er sonst bei sich hatte, ließen sie dorthin in Verwahrung bringen.
Dann teilten sie das Geschehene den Offizieren in den nächsten Quartieren
mit und ermahnten sie, wohl acht zu geben, damit sie nicht vom Feinde
überfallen würden. Am andern Tage sandten sie Leslie zu Gallas ab,
um diesem alles zu berichten. Dieser schickte ihn nach Wien weiter.
Wölfe. (1636, 1639.)
1.
Wie ich im Kloster Elchingen Küchenmeister war, ging ich eines
Tages aufs Feld und wollte den Arbeitern einen Trunk und Brot geben.
Indem ich nun zu dem Äckerlein, welches innerhalb des Weges gegen den
Forst gelegen und das Wannenäckerlein genannt wird, gegen die Weg¬
lachen und Stauden gekommen war, siehe, da kommt der greuliche, ja er¬
schreckliche Wolf vom Wannenbrunnen herauf, wo der Acker zwischen dem
Wannenbrunnen und dem Forst am schmälsten ist, so daß er über zehn Schritte
nicht von mir war. Wir sehen einander an, und ich glaube nicht, daß er
so sehr vor mir als ich vor ihm erschrocken sei. Ich weiß weder aus noch
ein, weiß nicht, ob ich gegen den Wannenbrunnen oder gegen den Forst
laufen foll oder ob ich stille stehen sollte, da die Flucht den Wolf erst
zum Springen angereizt haben könnte. Da hätte einer gesehen, wie mir
die Härlein zu Berge gestanden sind. Ich weiß nicht, ob ich hätte Blut
gegeben, wenn man mich gestochen hätte. Unterdessen sehe ich dieses
greuliche Tier stets überzwerch an und wende mich allmählich über die
Zwerchäcker gegen den Klostergarten zu.
Der Wolf aber setzt sich auf das Gesäß nieder und nimmt fleißig
in acht, wo ich hingehe. Wenn er mir einen Schritt nachgegangen wäre,
— ich weiß nicht, ob ich weiter fortgehen hätte können vor Schrecken.