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ehrsam und reich zu verheiraten. In seinen Briefen redete er ihn, den 
er als Magister mit der Anrede Ihr geehrt hatte, wieder mit Du an 
und sagte ihm die väterliche Gunst ab. — „Du hast die kiudliche Pflicht 
verletzt," schrieb er ihn. Als ihm aber zwei Söhne an der Pest starben 
und ihm fälschlich auch der Tod seines Martins gemeldet wurde, da 
redeten ihm seine Freunde zu, bis er endlich einwilligte und sprach: „Es 
gehe hin! Gott gebe, daß es wohl gerate!" 
Nach dem Probejahr wurde Luther feierlich in deu Orden aufge¬ 
nommen. Auch sein Vater kam zu diesem Feste ins Kloster geritten mit 
zwanzig Reitern und schenkte ihm zwanzig Gulden. Er brachte zahlreiche 
Begleiter mit, seine Freunde und Verwandten aus Mansfeld. In der 
Klosterkirche sprach der Prior den Eid vor und Luther schwor: „Ich Bruder 
Martiuus tue Profession und verheiße Gehorsam Gott dem Allmächtigen 
und der heiligen Jungfrau Maria und dem heiligen Vater Augustinus 
und dir, Priors dieses Ordens, — zu leben ohne Eigenes in Keuschheit 
nach der Regel des heiligen Vaters Augustinus bis in den Tod." — 
Und nun reichte ihm der Weihbischof den Abendmahlskelch mit den 
Worten: „Nimm hin die Gewalt zu opfern für Lebendige und Tote!" — 
Wie nun Luther vor dem Altare stand und opferte, da ward ihm bange 
vor der Majestät Gottes, die er anreden sollte. Auch ängstigte ihn die 
Furcht, irgend ein Wort auszulassen. Und da er die Worte begann: 
„Wir opfern dir, dem Lebendigen, Wahrhaftigen und Ewigen," da durch¬ 
drang ihn ein solcher Schrecken, daß er vom Altare weggehen wollte. 
Sein klösterlicher Lehrer mußte ihn durch Winke und Zureden verweisen. 
Nach der Weihe und Messe begann das Mahl, an dem nebst 
seinem Vater eine ansehnliche Gesellschaft von Doktoren der Theologie 
und Magistern teilnahm. Luther hatte sich gefaßt; er hoffte nun von 
seinem Vater die Zustimmung zu erlangen. So begann er: „Lieber Vater, 
warum habt ihr euch so hart dawider gesetzt und wäret so zornig, daß 
ihr mich nicht gerne einen Mönch wolltet werden lassen, und es vielleicht 
noch jetzt nicht allzugern sehet. Jst's doch ein fein genügsam göttlich 
Leben!" — Da fing Vater Hans an vor allen den Herren: „Ihr Ge¬ 
lehrten, habt ihr nicht gelesen in der heiligen Schrift, daß man Vater und 
Mutter ehren soll?" — Luther erschrak und konnte nichts darauf antworten. 
Aber die anderen sprachen dagegen; die Rede kam auch auf jenen Blitz und 
Donnerschlag. „Er ist durch Schrecken vom Himmel hergernfen worden," 
sagten sie. Darauf eutgegnete der Vater: „Wollte nur Gott, daß es kein 
Teufelsgespenst wäre!" Tief drang dieses Wort aus des Vaters Mund 
in sein Herz. Dennoch beharrte er fest auf der eingeschlagenen Bahn.
	        
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