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ausdrücklichen Befehl des Kaisers haben die Statthalter das getan", sagte
er; „wollen die Stände den wissen, der dem Kaiser zu dem Schreiben ge¬
raten hat, so ist es besser, den Kaiser gleich selbst zu fragen." Ein Herr
entgegnete ihm: „Vor dem Herrn Burggrafen haben wir allen Respekt;
er ist gut böhmisch gesinnt. Mit euch aber", fuhr er gegen die Herren
Martinitz und Slavata heraus, „werden wir uns nimmermehr vertragen;
denn ihr seid die Verräter, welche die Freiheiten des Landes verraten."
Martinitz wollte sich mit heftiger Rede wehren; da fiel ihm einer ins
Wort und rief: „Wozu die Umstände? Man werfe sie nach altböhmischem
guten Brauch zum Fenster hinaus!"
Sogleich wurde Hand ans Werk gelegt. Vergebens bat der Burg¬
graf die Stände, sie möchten doch nichts tun, was schwere Folgen haben
könnte. Einige Freunde führten den Burggrafen und den Kanzler aus
dem Saale in ein anderes Zimmer, damit sie vor Mißhandlungen geschützt
seien. Den Herrn Martinitz aber faßte einer von hinten bei den Händen
und hielt sie auf dem Rücken fest; andere nahmen ihn bei den Beinen.
Vergebens stemmte er sich mit den Füßen gegen den Boden und bat um
Gnade. Der Fensterflügel wurde aufgerissen. Der gestrenge Statt¬
halter flog gegen 60 Fuß hoch hinab in den Burggraben auf einen Berg
voll Unrat; er fiel ziemlich weich, so daß er dabei nicht zu Schaden kam.
Nun folgte ihm Slavata, den Graf Thuru unterdessen festgehalten hatte.
Er schlug im Fall an das vorspringende Fenstergesimse an und verletzte
sich schwer am Kopfe. Der Geheimschreiber Fabricius hatte nichts getan,
als bei manchem bösen Brief an den Kaiser die Feder geführt. Er wurde
unter dem Tische hervorgezogen und den beiden Statthaltern durchs
Fenster nachgeschickt. Er tat den glücklichsten Fall aus den aufgehäuften
Kehricht.
Gegen Martinitz sich umkehrend, fragte er: „Was habe ich ihnen
denn getan, daß sie mich hinausgeworfen haben?" Martinitz erwiderte:
„Herr Philipp, es ist jetzt nicht Zeit, solches zu fragen und die Antwort
der Stände darauf zu erwarten. Da ihr der Frischeste von uns seid,
wollen wir lieber ausstehen, dem Herrn Slavata helfen und ihn in das
Hans der Frau Kanzlerin tragen." Kaum hatte er dies gesagt, als
mehrere Schüsse fielen. Slavata und Fabricius wurden nicht getroffen;
Martinitz wurde von drei Kugeln gestreift, aber unbedeutend verletzt. Auch
kamen jetzt die Diener der Statthalter in den Graben gelaufen, um ihren
Herren zu helfen. Bevor sie näher kamen, hatte sich Fabricius erhoben;
ohne Hut und Mantel rannte er aus dem Schlosse fort und floh aus der
Stadt; ein Freund, der ihm zufällig begegnete, lieh ihm die fehlenden
Kleidungsstücke. In der Nähe von Prag rastete er ein wenig; dann reiste er