Full text: Von der deutschen Urzeit bis zur Reformation (Teil 1)

4 Die alten Deutschen. 
schaffen, ohne Ausdauer in Mühe und Arbeit und am wenigsten fähig sind, 
Durst und Hitze zu ertragen. An Kälte und Hunger dagegen hat den Ger¬ 
manen sein Himmelsstrich gewöhnt." 
Unsere Geschichtsforscher haben gefunden: Die Germanen stammten wie 
die Griechen und Italiker von der großen Völkerfamilie der Jndogermanen ab, 
die in grauer Vorzeit in dem großen Steppengebiete an der unteren und 
mittleren Wolga gewohnt haben sollen. Man hat nämlich die Sprachen der 
einzelnen Völker, die Europa heute bevölkern, miteinander verglichen und da¬ 
bei entdeckt, daß eine ganze Reihe von Wörtern allen gemeinsam ist, natürlich 
nicht bis auf den Laut und Buchstaben. Daraus hat matt geschlossen: Also 
müssen wohl alle früher einmal dieselbe Sprache gehabt haben. Von dem 
ursprünglichen Stammvolk haben sich dann im Laufe der Zeiten ganze Stämme 
abgesondert; das Wolgagebiet war bald so dicht bevölkert, daß alle Jndo¬ 
germanen mit ihren reichen Rinder-, Schaf- und Ziegenherden nicht mehr 
Raum hatten. Darum verließen große Haufen mit ihrem beweglichen Gut, 
ihren Karren und Herden, die alten Plätze und zogen nach Osten und Norden. 
So wurden von ihnen schließlich Skandinavien, Jütland, sowie das ganze 
Binneneuropa, das Land zwischen Karpathen, Alpen, Rhein, Nord- und Ostsee 
besiedelt. Diese weiten Gebiete waren vor der Einwanderung der Germanen 
schon bewohnt. Es wohnten hier die Kelten. Sie wurden durch die an¬ 
stürmenden Germanen über den Rhein gedrängt. 
Überschrift? 
Zusammenfassung: Wie die Germanen in Deutschland 
einwanderten. 
3. Wie werden unsere Vorfahren in dem unwirt¬ 
lichen und rauhen Lande gelebt haben? 
Das Lehmannsche Bild „Germanisches Gehöft" hängt vor der Klasse. 
Durch die Betrachtung desselben wird unter Ergänzung des Lehrers folgender 
Stoff gewonnen: 
A. Städte gab es im alten Deutschland nicht. Nur hin und wieder traf 
man auf kleine Dörfer. Aber diese sahen ganz anders aus als unsere Dörfer. 
Straßenzüge gab es nicht. Die einzelnen Wohnungen lagen zerstreut und 
weit voneinander. Wo dem Germanen gerade ein freier Platz am Walde, 
eine Wiese, eine Ouelle oder ein Feld behagte, da siedelte er sich an. Berg¬ 
abhänge und Sandhügel wurden als Bauplätze bevorzugt. Wie mögen die 
germanischen Wohnungen ausgesehen haben? Steinerne Häuser kannten unsere 
Vorfahren noch nicht. Sie errichteten sich Holzbauten. Unbehauene Baum¬ 
stämme wurden übereinander geschichtet und die Zwischenräume mit Moos 
und Reisig verstopft und mit Lehm verklebt. Die meisten Häuser waren schlichte 
Fachwerkbauten. Aus Baumstämmen wurde zunächst ein Hausgerüst errichtet. 
In den einzelnen Feldern schichtete man Pfähle aneinander, und die Zwischen¬ 
räume verstopfte man mit Stroh und Schilf, das man wieder mit einem 
Lehmbrei bewarf. Die Dächer wurden mit Schilf und Stroh gedeckt. 
Unter den mächtigen Eichen hatte das Wohnhaus einigermaßen Schutz 
gegen den Sturm. An den Hof grenzte auf der einen Seite die Wiese, auf 
welcher die Pferde, Fohlen, Kühe und Rinder weideten, während auf der 
anderen Seite die Ackerflur sich weithin ausdehnte. Zwischen beiden lag der 
durch eine Wallhecke eingehegte Kamp (Hof). Nahe oberhalb des Hofes befand 
sich die Bleiche, auf die man durch eine in den Hofraum eingelassene Pforte 
gelangte, und auf welcher lange Streifen weißen Leinens ausgebreitet lagen.
	        
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