I. Aie allen Deutschen.
1. Woher unsere Vorfahren kamen. Unsere Vorfahren wohnten
ursprünglich auf dem Hochlande von Mittelasien. Von da aus sind sie in
unbekannter Zeit westwärts gezogen und in Europa eingewandert. Zur
Zeit Christi bewohnten sie das Land zwischen Nord- und Ostsee, Weichsel,
Donau und Rhein. Ihre Nachbarn waren im Westen die Kelten, im
Süden die Römer, im Osten die Slaven.
2. Wie es im alten Deutschland aussah. Deutschland besaß um jene
Zeit ein rauhes Klima. Die Winter waren lang und hart. Die Luft war
feucht und nsblig. Der Boden war sumpfig oder mit großen und dichten
Wäldern bedeckt. Die Berge lieferten Eisen und Salz. In den Wäldern
wuchsen riesige Eichen, Buchen und Tannen. Neben ihnen reiften allerlei
Waldbeeren und wilde Obstarten. Aus den Feldern erbaute man Hafer
und Gerste, Erbsen, Linsen und Bohnen, große Rettiche und Flachs; aber
der Ackerbau lieferte nur geringen Ertrag. Die Wälder wurden von
Bären, Wölfen, Luchsen, wilden Schweinen, Elentieren und riesigen
Auerochsen bevölkert. An den Ufern der Flüsse baute der Biber.
3 Welche Namen unsere Vorfahren hatten. Von den Kelten wurden
unsere Vorfahren „Germane n", d. h. „Nachbarn" genannt. (Speermänner?
Rufer im Streit?) Sie selbst nannten sich später „Deutsche", d.h. Volk.
4. Wie die alten Deutschen gestaltet waren, wie sie sich kleideten,
und wie sie wohnten. Die alten Deutschen zeichneten sich durch hohen
Wuchs, blaue Augen, rötlich-blondes Haar unb reine weiße Hautsarbe vor
anderen Völkern aus. Sie kleibeten sich in Pelze unb in Gewänder aus
gewebten Stoffen. Die Germanen fiebelten sich abgesonbert unb zerstreut
an. In bie Mitte ihrer Besitzung bauten sie aus unbehauenen Baumstämmen
unb Lehm bie Hütte, becEten sie mit Rohr ober Stroh unb übertünchten sie
hie unb ba mit glänzenber weißer Erbe. Die ganze Besitzung würbe ein¬
gehegt ober eingefriebigt, b. h. mit Pfahlwerk umgeben („ins Gehege"). Eine
Anzahl solcher Einzelbesitzungen bilbete einen Weiler ober ein Dorf. Alle
zu einem Volksstamme gehörigen Dorfgeineinben bezeichnete man als Gau.
Der Gau war mithin bie vom ganzen Volksstamme bewohnte Lanbschast.
5. Welche Tugenden und welche Fehler unsere Vorfahren hatten.
Lobenswerte Eigenschaften ber alten Deutschen waren Mut unb Tapfer¬
keit, Freiheitssinn unb Vaterlanbsliebe, Treue unb Gastfreunbfchaft. Be-
sonbere Achtung genoß bas Weib. Die Ehe galt heilig; burch sie würbe
das Weib bie „Frau", b. H. bie Herrin bes Hauses (altbeutsch: fro —Herr;
Fronleichnam — Leichnam bes Herrn; Fronfeste — Herrenburg; Frou-
bienst — Herrenbienst; frönen — einem Herrn bienen). Als schlimme
Eigenschaften ber alten Germanen werben uns genannt: Trägheit und
Spielsucht, Trinksucht unb Streitsucht.
6. Welche Standesunterschiede es bei den alten Deutschen gab.
Das Volk bestand aus Freien unb Unfreien. Frei war jeber wehrhafte
Mann, ber ein eigenes Gut hatte. Freie mit großem Besitz ober mit