— 59 —
§ 26. Wilhelm II., König von Preujzen und
Deutscher Kaiser.
Seit dem 15. Juni 1888.
1. Geburt. Unser Kaiser ist am 27. Januar 1859 geboren. Einst
besuchten Berliner Bürger den Vater. Da zeigte er ihnen sein ältestes
Söhnchen. Als einer der Herren dem kleinen Prinzen seine Uhr zum
Spielen gab, hielt sie der Prinz fest und wollte sie nicht wieder loslassen.
Der Kronprinz sagte lachend, als er dies bemerkte: „Da sehen Sie! was
ein Hohenzoller einmal in seinen Händen hält, läßt er so leicht nicht
wieder los."
2. Erziehung. Sehr große Sorgfalt wurde auf die körperliche
Ausbildung des Prinzen gelegt. Auf seinem Spiel- und Turnplätze mutzte
er fleißig exerzieren. Die Eltern sahen es gern, wenn die Prinzen hier
mit Bürgerkindern der Stadt zusammen spielten. Auf ihrem Landgute
veranstalteten sie Schul- und Kinderfeste, bei denen die Prinzen mit den
andern Kindern verkehrten und um die Wette liefen. Später wurden
sonntäglich Knaben in gleichem Alter aufs Schloß geholt, wo sie mit den
Prinzen turnten und Soldat spielten.
3. Auf der Schule. Frühzeitig erhielt er im Elternhause Unterricht.
Später aber wurde er auf das Gymnasium nach Kassel geschickt. Er wurde
hier wie jeder andere Schüler behandelt. Er lernte fleißig und wurde bald
der Liebling der Lehrer und Mitschüler. Bei seinem Abgange erhielt er
eine von den drei Denkmünzen, welche jährlich an die fleißigsten und
würdigsten Schüler verteilt wurden. Erfreut rief er: „Sie können sich
nicht denken, welche Freude mir die Denkmünze bereitet. Ich habe getan,
was in meinen Kräften stand."
4. Leutnant. An seinem zehnten Geburtstage wurde er zum Offizier
ernannt, und als er 18 Jahre alt war, trat er vollständig in das Heer
ein. Sein Großvater, Kaiser Wilhelm I., richtete dabei eine herzliche An¬
sprache an ihn und schloß mit den Worten: „Nun gehe hin und tue deine
Pflicht, wie sie dich gelehrt werden wird. Gott sei mit dirl" Der Prinz
tat jetzt Dienst wie jeder andere Leutnant und war dabei diensteifrig und
pünktlich; des Morgens erschien er fast immer zuerst auf dem Platze.
5. Hauptmann. Als Hauptmann war er um seine Soldaten sehr
besorgt. Er erkundigte sich öfter nach ihnen, wie es zu Hause gehe; war
dort jemand krank, dann fragte er bald wieder, ließ einen Gruß bestellen
und baldige Besserung wünschen. Kamen seine Soldaten ins Lazarett,
dann besuchte er sie und sah daraus, daß es ihnen an nichts fehle. Galt'
es, den Weihnachtstisch zu decken, dann wurde jeder Mann beschenkt, und
zwar wußte er es so einzurichten, daß jeder das erhielt, was er sich ae-
wünscht hatte.