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6. Thronbesteigung. Im Alter von 29 Jahren wurde er am
15. Juni 1888 König von Preußen und Kaiser von Deutschland. Zu
seinem Volke sagte er: „Aus den Thron Meiner Väter berufen, habe Ich
die Regierung im Aufbliese zu dem König aller Könige übernommen und
Gott gelobt, nach dem Beispiele Meiner Väter Meinem Volke ein gerechter
und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottesfurcht zu pflegen den
Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes zu fördern, den Armen
und Bedrängten ein Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter zu fein."
7. Wirken für den Frieden. Wilhelm II. wurde von vielen für
einen kriegslustigen Herrscher gehalten. Daraufhin sagte er: „Ich bin
entschlossen, frieden zu halten mit jedermann, soviel an mir liegt." Zu
Anfang seiner Regierung besuchte Kaiser Wilhelm die Fürsten seiner Nachbar¬
länder. Er reiste nach Rußland, Österreich, Dänemark und Italien; überall
wurde er festlich empfangen. Darauf machten die fremden Fürsten ihren
Besuch in Berlin und zeigten, daß sie mit uns Frieden halten wollten.
Bei der Vollendung des Nord-Ostsee-Kanals vereinigte er alle Mächte
Europas^ zu einer großen Friedenskundgebung. Alle Staaten hatten zu
diesem ^este ihre Vertreter und auch ihre Geschwader entsandt. Seiner
Vermittelung ist es mit zu verdanken, daß in jüngster Zeit der Kries
zwischen Rußland und Japan beendet und dem Blutvergießen ein Ende
gemacht wurde.
8. Unser Kaiser ist bestrebt, das Wohl aller Stände seines Volkes zu
fördern, er erblickt in echt religiösem Leben die Grundlage aller Zufrieden¬
heit; deshalb betont er immer wieder die christliche Gesinnung des Volkes
und begünstigt den Bau von Gotteshäusern. Er sorgt für Verbesserung
des Schulwesens und gibt armen Gemeinden Geschenke zum Schulbau.
Kunst ^ und Wissenschaft finden bei ihm besondere Pflege; in der Sieges¬
allee in Berlin ließ er Standbilder der Könige von Preußen sowie der
Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg errichten, welche von Bild¬
hauern aus weißem Marmor gefertigt sind. Er ist von früh bis spät
tätig, um die vielen Regierungsgeschäfte zu erledigen; selbst wenn er auf
Reisen ist, dürfen diese nicht ruhen.
9. Sorge für die Arbeiter. Kaiser Wilhelm II. tritt besonders
für die Besserung der Verhältnisse der Arbeiter ein. Er berief deshalb
1890 eine Versammlung nach Berlin, zu der fast alle europäischen Länder
ihre Vertreter schickten. Man beriet hier über Regelung der Arbeit in
Bergwerken, über sonntags-, Kinder- und Frauenarbeit sowie über die
Arbeit junger Leute. Die gefaßten Beschlüsse gaben den einzelnen Ländern
zwar^ keine gesetzlichen Vorschriften; aber sie zeigten, in welcher Weise den
Arbeitern mehr Schutz zu gewähren sei. In Deutschland ist dies durch das
Arbeiterfchutzgesetz ausgeführt.
10. Die Alters- und Jnvaliditätsversicherung versorgt die
Arbeiter im Alter und bei eingetretener Arbeitsunfähigkeit. Arbeiter, Dienst-