B. Brandenburgisch-preußische Geschichte.
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XV. Kaiser Friedrich III.
1888.
1. Der einzige Lohn. Kaiser Wilhelm I. hatte nur einen einzigen Sohn
unb eine Tochter. Der Sohn hieß Friebrich Wilhelm unb war am 18. Oktober
1831 geboren. Seine Eltern nannten ihn gewöhnlich Fritz. Er erhielt eine
sorgfältige Erziehung. Tüchtige Lehrer würben für ihn ausgesucht. Als Hanb-
werk, bas jeber Hohenzoller nach einer alten Sitte erlernt, wählte er bie Tisch¬
lerei. Zum Jüngling herangewachsen, ftubierte er auf ber Hochschule zu Bonn.
2. Eine gnädige Bewahrung.
Im Winter des Jahres 1851 hatte
der Kronprinz seine Eltern in Berlin
besucht und kehrte nun nach Bonn
zurück. Ju der Nähe des jetzigen
Bahnhofes Jsselhorst sprang plötzlich
die Lokomotive aus dem Geleise und
riß die vier nächsten Wagen mit.
Der Wagen, in welchem sich der
Kronprinz befand, schlug um. Aber
Gott sei Dank! der Prinz war nur
durch einige Glassplitter leicht an
der Stirn verletzt. Von den ande¬
ren Reisenden waren drei tot und
sieben verwundet. So hatte Gott
das Leben des Kronprinzen gnädig
bewahrt. An der Unfallstelle steht
jetzt ein Gedenkstein, welcher die In¬
schrift trägt: „Zur Erinnerung an die
glückliche Errettung des Kronprinzen
Friedrich Wilhelm von Preußen aus Kaiser Friedrich III.
Lebensgefahr am 21. Januar 1851."
3. Ein Besuch des Kronprinzenpaares in Minden-Ravensberg. Im Jahre 1858 ver¬
mählte sich der Kronprinz mit der englischen Königstochter Viktoria. Bald darauf kamen beide
durch das Minden-Ravensberger Land. Da schenkten die dortigen Bewohner dem jungen
Paare als Hochzeitsgeschenk ein weißes Roß (das lebendige Westfalenwappen), ein Schwarzbrot
und ein Stück der allerfeinsten Leinwand, die mit der Hand gesponnen und gewebt war. Selbst
die Kronprinzessin war erstaunt über das feine Gewebe und hatte so etwas auch in ihrer Heimat
noch nicht gesehen.
4. Der glückliche Familienvater. Am 27. Januar 1859 würbe bem Kron¬
prinzenpaare ber erste Sohn geboren, unser jetziger Kaiser. Im ganzen schenkte
Gott ihnen acht Kinber, vier Söhne unb bier Töchter. Von beit Söhnen sinb
zwei früh gestorben, so baß bon ihnen außer unserm Kaiser nur uoch Prinz Hein¬
rich am Leben ist. Am liebsten zogen bie fürstlichen Eltern mit ihren Kinbern
im Sommer ans bas Gut Bornstebt bei Potsbam. Hier spielten bie Prinzen
unb Prinzessinnen mit ben Dorskinbern. Jebes Jahr würben große Kinberseste
beranstaltet. Da würbe gespielt unb Kaffee unb Kuchen berzehrt. Die Kron¬
prinzessin uub ihre Kinber bebienten an ben Tischen bie kleinen Gäste.