§ 59. Das Rittertum. § 60. Deutsche Literatur zur Zeit der Kreuzzüge. 61
Ungläubigen, weil sich da der Mut der Ritter ganz besonders zeigen
konnte. Die Ritter, so genannt, weil sie nur zu Pferde dienten, ver¬
pflichteten sich, bevor sie den „Ritterschlag" erhielten, durch ein feier¬
liches Gelübde: die Kirchen, die Armen, Witwen und Waisen gegen
jedes Unrecht zu schützen und tadellos vor Gott und Menschen zu
wandeln. Durch die im 11. Jahrhundert in Frankreich entstandenen
Turniere schlossen sich die Ritter noch enger zusammen. Sie wohn¬
ten auf Burgen mit festen Mauern und starken Streittürmen.
Das meiste Ansehen genossen die sogenannten geistlichen Ritter¬
orden: 1) die Johanniter, später auch Malteser genannt; 2) die
Temp elh erreu; 3) die deutschen Herren seit 1190. Sie hatten
noch strengere Gelübde als die übrigen Ritter und verpflichteten sich
zu unbedingtem Gehorsam, zu einem ehelosen Leben, zum Geleite und
zur Pflege der Pilger, endlich zum Kampfe gegen die Ungläubigen.
§ 60.
Deutsche Literatur zur Zeit der Kreuzzüge.
1) Wissenschaften. Da die Kreuzzüge nicht aus Zwang, son¬
dern aus Ergreifung einer Idee hervorgingen, so wurden alle Zweige
der Literatur in jenem Zeitraum wesentlich gefördert. Die Kenntnis
des Aristoteles forderte die Naturwissenschaften, in denen sich
besonders Albertus Magnus von Laningen, zuletzt Bischof von
Regensburg (f 1280), auszeichnete. Während sich die griechische
Sprache durch jene Studien immer weiter mtter den Gelehrten aus¬
breitete, wurde das Lateinische, das bisher im Abendlande nur
Kirchensprache gewesen war, die Sprache des Verkehrs, in der sich alle
an den Kreuzzügen teilnehmenden Völker ausdrückten.
2) Poesie. Die deutsche mittelalterliche Poesie erreichte zur Hoheu-
stausenzeit ihre größte Blüte. Aber nicht nur das Staufeugefchlecht
allein hatte einen reichen, glänzenden Sängerhof, es wetteiferten in
dieser Hinsicht auch andere Fürsten mit den Staufen: so der zähriugische
Herzog Bertholt) V. zu Freiburg, Herzog Wels VI. zu Memmingen,
Herzog Leopold VII. zu Wieu, besonders aber Landgraf Hermann auf
der Wartburg (Sängerkrieg).
a) Knnstdich tun gen. Man nennt die dort betriebene höfische
Poesie „Kunstpoesie", weil sie von gebildeten Männern, meist Adeligen
(„den Herren"), seltener von Bürgerlichen („den Meistern") gepflegt wurde.
Die hervorragendsten Kunstdichter sind: 1) Heinrich von Veldecke (Enöit);
2) Hartmann von der Au (Jwein); 3) Meister Gottfried von Straß-
burg (Tristan und Jsolte); 4) Meister Konrad von Würzburg (Schwanen-
ritter); 5) Wolfram von Eschenbach (Titurel und Parzival). — Lyrische Dich¬
ter sind: 1) Walther von der Vogelweide; 2) Heinrich von Ofter¬
ding en; 3) Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob.
b) Volks dich tu ngen. Doch jene Periode, wo Deutschland ein
mächtiges Reich war, wo der Streit zwischen Staat und Kirche und
die Kreuzzüge Bewegung und neues Leben unter die Geister brachten,
war auch der aus den unteren Stünden herausgewachsenen Volkspoesie
günstig. Aus dem Sagenkreise der Völkerwanderung sind zu erwähnen:
1) das Nibelungenlied; 2) Gudru u.