94 "V III. Die Kämpfe um die Alleinherrschaft.
baj} sich die Anhänger der alten Ordnung gegen das Leben de5-
Imperators verschworen. An ihrer Spitze standen Marcus Brutus,
der Schwiegersohn Cato's, ein Mann, den Cäsar wie einen Sohn
behandelt, und über den er das Füllhorn seiner Gunst und Gnade
in reichem Maße ausgegossen, und Cassius Lougiuus, der eben so
wenig Ursache zum Haß gegen den Machthaber hatte. Der 15. März
44bes Jahres 44, an welchem, wie es hieß, der L>enat dem Imperator
den Königstitel ertheilen sollte, wurde zur Ausführung des Mord¬
planes bestimmt. Sobald Cäsar seinen goldenen Stuhl eingenommen,
drängten sich die Verschworenen unter irgend einem Vorwande um
rhu und stießen ihm ihre Dolche in die Brust. Bei dem Anblick
des Brutus, mit dem er noch am Abend zuvor an derselben Tafel
gespeist, rief Cäsar erschüttert aus: „Auch du, mein Sohn Brutus!"
Dann hüllte er sich in seine Toga und sank von drei und zwanzig
Wunden durchbohrt an der Bildsäule des Pompejus nieder.
3. Antonius und Octavianus.
Die blutige That saud beim Volke nicht den Beifall, den die
Verschworenen erwartet hatten. Ja als Marcus Antonius, der ver¬
trauteste Freund des Imperators, bei dem feierlichen Leichenbegäng¬
nis^ desselben die Thaten, Verdienste und Vorzüge bes Ermorbeten
pries unb mit Thränen unb Wehklagen sein blutiges unb zerfetztes
Gewand zeigte, da gerieth die Menge in eine furchtbare Aufregung.
Bestürzt verließen die Verschworenen und ihre Gesinnungsgenossen
die Stadt; Brutus und Cassius begaben sich in ihre Statthalter¬
schaften, der erstere nach Macedonien, der letztere nach Syrien.
Diese Verwirrung benutzte Antonius, um mit Hülfe des
Heeres und der Volkspartei die Gewalt an sich zu reißen. ~ Da traf
Eajns Octavius, der erst 19jährige Enkel der jüngsten Schwester
Cäsars, den dieser adoptirt und zu seinem Haupterben bestimmt
hatte, aus Apollonia in Jllyrien, wo er den Studieu obgelegen,
in Rom ein und schloß sich der Senatspartei an. Von allen Seiten
strömten ihm die Anhänger und Freunde des ermordeten Imperators
zu, und mit Begeisterung empfingen ihn die Truppen. Antonius,
der mit cinem_ Heere nach dem cisalpinischen Gallien gegangen
war, wurde auf Antrag des berühmten Redners Cicero für einen
Feind der Republik erklärt, und Julius Cäsar Octavianus, wie
sich Octavius von jetzt ab nannte, erhielt den Auftrag, die zu seiner
. Bekämpfung ausziehenden Consuln als Unterfeldherr zu begleiten.
Antonius würbe überwuuben, aber die beiden Consuln fanden ihren
Tod. So stand Octavian an der Spitze des gesammten siegreichen
Heeres, das in ihm den Erben des cäsarischen Namens und Ruhmes
ehrte. Im Verträum auf diese Anhänglichkeit rückte er vor Rom
• und forderte das Consulat, das ihm der erschreckte Senat nicht zu
verweigern wagte. Dann zog er dein Antonius entgegen, der