Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten

144 I. Muhammed unb die Araber. 
Mekka. Dort gab er sich religiösen Betrachtungen hin und sann 
nach, wie er sein Volk aus der Versunkenheit des Heidenthums 
erlösen könne. Die christliche Lehre, die ihm nur in einigen Legenden 
uud entstellten Glaubenssätzen bekannt geworden, sagte ihm nicht 
zu, eben so wenig die jüdische: und doch erkannte er, daß die Götzen 
eitel Tand seien, und daß sein Volk einer reineren, geoffenbarten 
Religion bedürfe. So entstand allmählich die Ueberzeugung in ihm, 
daß er selbst der von Allah, dem Einen und höchsten Gotte, 
erkorene Prophet sei, der das Reich der Finsterniß und der Abgötterei 
niederwerfen solle. Endlich trat er mit der Erklärung hervor, der 
Engel Gabriel sei ihm erschienen und habe ihm befohlen, die von 
Allah empfangenen Offenbarungen den Menschen kund zu thun. Er 
wandte sich zunächst an seine Verwandten, die Koreischiten, aber 
diese begegneten ihm mit Spott und Verachtung; und je mehr sie 
erkannten, daß Muhammeds Prophetenthum ihre einträglichen 
Vorrechte als Hüter der Kaaba gefährden würde, desto mehr ent¬ 
brannte ihr Zorn, desto heftiger wurden ihre Verfolgungen. Nur 
seine Gattin Ehadidja, sein Vetter Ali, sein Freund Abu Bekr 
und sein ehemaliger Sclave Zeid glaubteu an ihn. 
Während die Einwohner Mekka's ihr Herz verstockt hielten 
gegen die Lehre Muhammeds, mehrte sich in der Stadt Jathrib 
(Y a t s ch r e b), späterMe d iu at al N a b i d. i. „Stadt des Propheten" 
oder kurzweg Medina genannt, die Zahl seiner Anhänger. Dorthin 
floh er zuletzt in Begleitung Abu Bekrs vor den Nachstellungen 
seiner Feinde. Mit dieser Flucht (Hedschra), die in der Folge auf 
622dm 16. Juli 622 gesetzt ward, beginnen die Muhammedaner ihre 
Zeitrechnung. In Medina wurde der Prophet mit offenen Armen 
empfangen; sein Einzug glich mehr dem eines trinmphirenden Fürsten 
als dem eines armen Flüchtlinges. Bisher war Muhammeds Lehre, 
der Islam d. i. „Ergebung" (in den Willen Gottes), eine Religion des 
Friedens und der Liebe gewesen. Kaum aber sah sich der Prophet in 
die Möglichkeit versetzt, seinen Feinden mit Waffengewalt entgegen zu 
treten, als er den Kampf wider die Ungläubigen und die Aus¬ 
breitung des Islam mit Feuer und Schwert zu einer heiligen Pflicht 
aller Moslemin oder Muselmänner (Gläubigen) machte. Wer 
in solchem Kampfe falle, lehrte er, der gehe sicher in das Paradies 
ein, das er als einen Ort der Erdenlust uud aller sinnlichen Freuden 
ausmalte. Und um den Muth der Seinen noch mehr zu entflammen, 
lehrte er weiter, daß jeder Mensch unter einem unabänderlichen 
Schicksale (Fatum) stehe, dem Niemand entrinnen könne; wem der 
Tod bestimmt sei, der müsse sterben, er möge im heißesten Schlacht¬ 
gewühls sein oder daheim ruhig am Arme des Freundes wandeln. 
Acht Jahre vergingen unter wechselvollen Kämpfen, bis endlich der 
630Prophet als Sieger in Mekka einzog. Auf seinem Kameele umkreiste 
er nach alter Sitte siebenmal die Kaaba, jedesmal den heiligen Stein 
mit einem Stabe berührend. Dann zerbrach er die Götzen, 360 an
	        
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