Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten

"10 VI. Das deutsche Reich zu Ende des Mittelalters. 
Obrigkeit fanden nach langen Jahren wieder Geltung. Jetzt konnte 
der Bürger die Waffen niederlegen und seinem Gewerbe wieder 
nachgehen, der Bauer seine niedergebrannten Hütten wieder aus¬ 
richten und den Acker bestellen, der Handelsmann ungefährdet seine 
Straße ziehen. 
Nach zweijähriger Abwesenheit in der Mark begab sich Friedrich 
zur Kirchenversammlung nach Kostnitz, wo Sigismund seines Rathes 
so. April-, dringend bedurfte. Hier brachte der Kaiser seinen schon früher 
gehegten Plan zur Ausführung und übertrug dem Burggrafen 
die Mark Brandenburg nebst der Kur- und Erzkämm er er - 
würde zu erblichem Besitz, mit dem Vorbehalte der Wieder- 
emlosuug durch^Zahluug der auf 400000 Gulden erhöhten Pfaud- 
summe. Zwei Jahre später empfing der neue Kurfürst, der sich 
als solcher Friedrich I. nannte, aus offenem Markte zu Kostnitz 
unter Anwesenheit einer glänzenden Versammlung von geistlichen 
i4i7nnd weltlichen Fürsten die Belehnung. 
Mit Weisheit, Kraft und Milde ordnete Friedrich auch ferner 
die Angelegenheiten Brandenburgs. Leider verhinderten ihn die 
verwirrten Zustände im Reiche, bei deren Regelung ihn der Kaiser 
nicht entbehren zu körnten glaubte, sich ganz seinem Lande zu widmen. 
Während seiner Abwesenheit führten seine tüchtigen SöbueJohann 
und Friedrich die Regierung und verschafften durch glückliche 
Kriege mit den Nachbarn dem Kurstaate nicht nur erhöhtes Ansehn, 
sondern auch Länderzuwachs. 
5. Deutsches Leben im Mittelalter. 
. J-n Leben der Volker tritt nie ein Stillstand ein. Eine Zeit 
großer Umgestaltungen und reicher Entwickelung ist das Mittelalter. 
Aber es hat auch besondere, nur ihm eigenthümliche Einrichtungen, 
Sitten itud Lebensformen aufzuweisen, die ihm ein bestimmtes Ge- 
präge geben. Dahin gehört vor Allem das Ritterwesen. Es ver¬ 
dankt seine Entstehung in Deutschland theilweise Heinrich dem 
Finkler, der zuerst eine geregelte Reiterei schuf und sie in geschlossenen 
Reihen kämpfen lehrte. Zit seiner vollen Ausbildung gelangte es 
jedoch erst im Laufe der Jahrhunderte, besonders während der 
Kreuzzüge. ^ Die Sitte erforderte eine lange und sorgfältige Vor¬ 
bereitung für die Aufnahme in den Ritterstand. Zuerst mußte der 
junge Adelige als Edelknabe (Page) den Dienst am Hofe des 
Fürsten oder eines sonst angesehenen Ritters erlernen. Dann wurde 
er mit dem Eintritt in das Jünglingsalter wehrhaft gemacht und 
folgte nun seinem Herrn als Knappe (Junker) in den Streit. 
Erst wenn er hinreichende Proben seiner Waffentüchtigkeit ge¬ 
geben, wurde ihm nach Ablegung der Rittergelübde — stets 
wahr zu reden, das Recht zu behaupten, die Religion und ihre 
Diener, Witwen und Waisen und die Unschuld zu schirmen —
	        
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