Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten

262 III. Der dreißigjährige Krieg. 
2. Der Krieg in Böhmen, in der Pfalz und in Niedersachsen. 
Im Vertrauen auf den Majestätsbrief hatten die Protestanten 
der böhmischen Orte Braunau und Klostergrab Kirchen gebaut. 
Die Herren dieser Orte, der Abt von Braunau uud der Erz¬ 
bischof von Prag, sprachen ihren Unterthanen das Recht dazu 
ab, und die Kirche zu Klostergrab wurde auf kaiserlichen Befehl 
niedergerissen, die zu Braunau geschlossen. Die Böhmen, für ihre 
Freiheit besorgt, geriethen in Aufregung, und auf Veranlassung 
des Grafen Matthias von Thnrn kamen Abgeordnete der protestan¬ 
tischen Stände in Prag zusammen und wandten sich in einer Be¬ 
schwerde an den Kaiser. Dieser würdigte sie indeß keiner auderu 
Antwort, als daß er ihnen durch die Statthalter ihr unangemessenes 
Betragen verweisen ließ und die Auflösung der Versammlung be¬ 
fahl. Dies steigerte nur die Erbitterung, und da man den Ver¬ 
dacht hegte, die Statthalter seien die Urheber des harten Bescheides, 
zogen die Stände am 23. Mai 1618 von einer großen Volksmenge 
begleitet auf das Schloß und warfen nach kurzem Wortwechsel die 
verhaßten kaiserlichen Räthe Martinitz und Slavata samt dem 
Geheimschreiber Fabricius zum Fenster hinab. Damit war der 
1618—1648] Anstoß zum dreißigjährigen Kriege gegeben, dem schreck¬ 
lichsten, von dem Deutschland je heimgesucht worden ist. 
Thnrn und seine Freunde erkannten recht wohl, daß sie nach 
ihrer rascheuThat kein Zurückweichen mehr vor demZorne des Kaisers 
schützen würde. Sie gingen daher noch einen Schritt weiter und 
stellten ein Heer auf, mit welchem sie in kurzer Zeit die kaiserlichen 
Besatzungen aus Böhmen vertrieben. Dann vereinigten sie sich mit 
den Protestanten Schlesiens, Mährens und Oestreichs und 
rückten vor Wien, während Bethlen Gabor von Sieben¬ 
bürgen aus Ungarn herbeizog. Doch Hunger und Kälte und 
ungünstige Nachrichten aus Böhmen, wo mittlerweile die kaiser¬ 
lichen Waffen wieder Fortschritte gemacht hatten, nöthigten sie 
zum Abzüge. 
1619—1637] Während dieser Zeit war Matthias gestorben, und 
Ferdinand II. wurde zum Kaiser gewählt. Dagegen erklärten 
ihn die Böhmen als „Erbfeind des evangelischen Glaubens" des 
böhmischen Thrones verlustig und trngen die Krone dem Kurfürsten 
Friedrich V. vou der Pfalz an, der mit Elisabeth, einer 
Tochter des Königs von England, vermählt war. Unter ungeheurem 
Jubel hielt Friedrich seinen Einzug in Prag, wo er mit großer 
Pracht gekrönt wurde. Allein er verstand es nicht, sich die Gunst 
seiner neuen Unterthanen zu erwerben; auch waren die Tage seiner 
Herrschaft gezählt. 
Ferdinand hatte sich mit dem Papst, mit Spanien und 
der Liga unter Maximilian von Baiern verbündet, und selbst 
der lutherische Kurfürst Johann Georg von Sachsen versprach
	        
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