Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten

2. Dcr Krieg in Böhmen, in bcr Pfalz unb in Niedersachsen. 265 
Stirn, kleine stechende Augen und kurzes, dunkles Haar. Stets 
umgab ihn tiefes Schweigen; er selbst sprach sehr wenig, aber 
dann mit einer Bestimmtheit, die alle Gegenrede abschnitt. Von 
seinen Untergebenen verlangte er unbedingten Gehorsam; bei dem 
geringsten Vergehen gegen seine Befehle konnte man ihn kurz ent¬ 
scheiden hören: „Laßr die Bestie hängen!" Dafür vergönnte er 
aber auch seinen Soldaten ein lustiges Leben, sah ihnen bei allen 
Ausschweifungen durch die Finger, belohnte fürstlich und ließ den 
gemeinsten Krieger zu den höchsten Stellen aufrücken, sobald er 
sich auszeichnete. 
Tilly stand mit seinem Heere an der Weser, während 
Wallenstein an der Elbbrücke bei Dessau Stellung nahm. 
Hier griff ihn Mansfeld an, erlitt aber eine vollständige Nieder¬ 
lage. Von Wallenstein verfolgt, wandte sich der geschlagene Feld¬ 
herr nach Ungarn, um sich mrt Bethlen Gabor zu vereinigen. 
Da indeß der Letztere mit dem Kaiser Frieden schloß, suchte Maus- 
feld über Venedig nach England zu entkommen. Unterwegs be¬ 
fiel ihn in einem Dorfe unweit Serajewo in Bosnien ein 
hitziges Fieber, und iu voller Waffenrüstung und auf zwei Adju¬ 
tanten gestützt, erwartete er aufrecht stehend den Tod. Kurz vor¬ 
her war auch Christian von Braunschweig den Folgen seines 
wüsten Kriegslebens in einem Alter von 27 Jahren erlegen. 
Art der Weser hatte der Krieg anfangs nur geringen Fori- 
gang genommen. Endlich kam es nach mancherlei kleineren Ge¬ 
fechten bei Lutter am Barenberge zur Entscheidung, und Tilly er- [1626 
rang über das niedersächsisch-dänische Heer einen vollständigen Sieg. 
König Christian IV. mußte nach Dänemark entweichen, rüstete 
indeß von Neuem und stand bald wieder mit einem Heere an der 
Elbe. Da eilte Wal len st ein aus Schlesien herbei, trieb den 
Gegner zurück und durchzog verheerend Holstein, Schleswig 
und Jütland. Dann eroberte er Mecklenburg und bewog deit 
Kaiser, die Herzöge förmlich zu entsetzen und ihn selbst mit ihrem 
^ande zu belehnen. Der ehrgeizige Feldherr hegte keinen geringeren 
Plan, als eine Seemacht im Norden zu gründen. Dazu erschien 
ihm der Besitz Stralsunds von besonderer Wichtigkeit. Aber 
trotz seiner prahlerischen Aeußerung, die Stadt nehmen zu wollen, 
unb wenn sie mit Ketten art den Himmel gebunden wäre, vermochte 
er boch ber mnthvollen Vertheidigung ber Bürger gegenüber nichts 
auszurichten. Zugleich machten Englanb, Frankreich und 
Schweden Miene, für den König von Dänemark Partei zu er¬ 
greifen. Dies bewog Wallenstein, mit Christian den Frieden zu 
Lübeck zu schließen, der dem Kaiser völlig freie Hand in Nord- 
dentschland ließ.
	        
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