14 I. Die morgenlLiidischen Völker des Alterthums.
bewegen, den Befehl nicht auszuführen. So wuchs der junge
Cyrus zu einem großen und schönen Knaben heran. Als er einst
den Sohn eines angesehenen Meders beim Spiele geschlagen, wurde
er vor Astyages geführt, der ihn als seinen Enkel erkannte und
zu seinem Vater nach Persien schickte. Den Harpagns aber be¬
schloß er wegen seines Ungehorsams schwer zu züchtigen. Er ließ
den Sohn desselben schlachten, das Fleisch braten und dem Vater
zur Speise vorsetzen. Harpagus sann auf Rache. Er trat mit
den Großen des Landes in Verbindung und gewann sie für deu
Plan, den Astyages vom Throne zu stoßen und Cyrus an seine
Stelle zu setzen. Als Alles vorbereitet war, forderte er Cyrus
auf, die Perser zur Empörung zu bringen. Dieser folgte dem
Rathe, besiegte seinen Großvater in der Schlacht bei Pasargadä,
559eroberte Ekbatana und nahm Astyages selbst gefangen. Dann
brachte er alle Völkerschaften östlich vom Halys (Kisil Jrmak)
theils mit Gewalt, theils auf friedlichem Wege zur Unterwerfung.
Diese Fortschritte erregten die Besorgniß des wegen seines Reich¬
thumes sprüchwörtlich gewordenen Königs Krösus von Lydien
in Kleinasien. Er fragte bei dem Orakel zu Delphi tu Griechen¬
land um Rath und erhielt die Antwort, wenn er über den Halys
ginge, so würde er ein großes Reich zerstören. Den Spruch zu
seinen Gunsten deutend, begann er den Kampf. Er wurde ge¬
schlagen, seine Hauptstadt Sardcs erobert und er selbst zum Ge¬
fangenen gemacht. Zum Tode in den Flammen vernrtheilt, stand
er bereits auf dem Scheiterhaufen. Da erinnerte er sich der Worte
Solons, der ihm einst gesagt, daß Niemand vor seinem Tode
glücklich zu preisen sei, und rief seufzeud dreimal den Namen des
weisen Atheners. Cyrus ließ ihn fragen, wen er anriefe; Krösus
erzählte es ihm, und das machte einen solchen Eindruck auf deu
siegreichen König, daß er dem Gefangenen nicht nur das Leben
schenkte, sondern ihn auch als Freund bei sich behielt. Nach der
Eroberung Lydiens unterwarf Cyrus auch die jouischeu (griechi¬
schen) Küsieustädte Kleinasiens. Dann zog er vor Babel, er¬
oberte es mittelst Ableitung des durch die Stadt fließenden Euphrat
und machte damit dem babylonischen Reiche ein Ende. Den ge-
536 fangenen Juden gab er die Erlaubniß zur Rückkehr in die Heimath.
Hierauf wollte er auch die streitbaren Mafsagetcn, einen am Ia-
xartes (Syr) wohnenden scythischen Volksstamm, unter seine
Herrschaft bengen. Aber hier war dem Helden sein Ziel gesteckt.
Die Perser erlitten starke Verluste, und Cyrus selbst fand seinen
529Tod. Die feindliche Königin Tomyris soll sein abgeschlagenes
Haupt in einen mit Menschenblut gefüllten «schlauch getaucht haben,
damit er sich satt trinken könne.
Cyrus' Sohn und Nachfolger Kambhses, ein jähzorniger,
grausamer, dem Trunke ergebener Fürst, überzog Egypten mit
525Krieg, schlug Psammeuit in der Schlacht bei Pclufium und machte