288 V. Brandenburg - Preußens wachsende Macht.
Kurfürsten, Wolgast, Stettin und selbst Stralsund, das
einst den Angriffen Wallensteins getrotzt, wurde genommen, und
ehe drei Jahre vergingen, war kein Schwede mehr auf deutschem
Boden. Jetzt drangen'die Gegner von Livland aus in Preußen
ein. Da setzte Friedrich Wilhelm auf Schlitten über das zuge-
i678srorene kurische Haff und errang bei dem Dorfe Splitter
(unweit Tilsit) einen neuen Sieg. Dennoch sollten dem Helden
die Früchte seiner Anstrengungen entrissen werden. Ohne auf
den Kurfürsten Rücksicht zu nehmen, schloß der Kaiser, der auf
Brandenburgs wachsende Macht eifersüchtig war, den Frieden zu
Nymwegen und Friedrich Wilhelm, zu schwach, um den Kampf
i679gegen Frankreich und Schweden allein weiter zu führen, mußte
im Frieden zu St. Germain Pommern wieder herausgeben.
Auch außerdem sollte der Kurfürst die Erfahrung machen,
daß auf Oestreichs Freuudschast wenig zu bauen sei. Im Jahre
1675 starb der letzte Herzog von Schlesien, und nach dem von
Kurfürst Joachim II. abgeschlossenen Vertrage hätte das Land an
Brandenburg fallen müssen. Aber der Kaiser- nahm ohne
Weiteres die schlesischen Herzogtümer als erledigte Lehen in
Besitz, und als der Kurfürst seine Ansprüche geltend machte,
wurde er abgewiesen und erhielt als Entschädigung nur den Kreis
Schwi ebns (Reg.-Bez. Frankfurt), den übrigens sein Nachfolger
wieder abtrat.
Die letzte Regierungszeit des großen Kurfürsten verfloß in
friedlicher Thätigkeit. Er schuf eine kleine Flotte, gründete eine
afrikanische Handelsgesellschaft und ließ durch den Major von
der Groben an der Küste vou Guinea eine Kolonie mit dem
Fort Groß-Friedrichsbnrg anlegen. Doch die junge See¬
macht konnte vor der Eifersucht der Holländer nicht bestehen, und
die Kolonie wurde später an die Letzteren verkauft. Als sich in
Frankreich neue Verfolgungen wider die Hugenotten erhoben,
nahm der Kurfürst 20000 Flüchtlinge in seine Lande auf. Bei
seinem Tode hinterließ er ein erweitertes Gebiet, blühende Provinzen,
ein wohlgeordnetes Staatswesen und ein achtunggebietendes Heer.
(Friedrich Wilhelm war zwei Mal verheirathet, mit Louise
Henriette, Tochter des schon genannten Prinzen Friedrich Heinrich
von Oranien und Verfasserin des Liedes: „Jesus, meine Zuver¬
sicht", und dann mit Dorothea, einer Prinzessin von Holstem-
Glücksburg.)
3. Erhebung Preußens zum Königreiche.
1688—1713] Friedrich Wilhelms Sohn und Nachfolger, Friedrich III.,
war ein wohlmeinender, in den Wissenschaften nicht unbewanderter
Fürst, entwickelte aber einen großen Hang zur Pracht und Ver¬
schwendung. Gutmüthig und von geringem Scharfblick, ließ er