290 V. Brandenburg - Preußens wachsende Macht.
antrat, wo die Krönung stattfinden sollte. Am 15. Januar (1701)
durchzogen vier reichgekleidete Herolde die Straßen der preußischer:
Hauptstadt und verkündeten unter dem Geläute aller Glocken dem
Donner der Kanonen und dem Jubel des Volkes die Erhebung
Preußens zum Königreich. Am 17. Januar stiftete Friedrich den
hohen Orden vom schwarzen Adler, den höchsten des preußischen
Staats. (Das Ordenszeichen ist ein silberner Stern mit dem
schwarzen Adler in ^er Mitte und der Umschrift: „suum cuique“
d- i. „Jedem das Seine".) Am Morgen des 18. Januar ver-
vm"] Endigte das'Geläute der Glocken und der Donner der Geschütze
<U1 J den Bewohnern Königsbergs, daß der wichtige Tag der Krönuna
angebrochen sei. Um 9 Uhr erschien der König in dem großen
Saale des Schlosses, ließ sich auf dem dort errichteten Throne
nieder, setzte sich die ihm überreichte goldene Krone selbst aufs Haupt,
krönte hierauf auch die Königin und nahm dann die Huldigungen
der Prinzen seines Hauses und der Stände des Landes entgegen.
Nun begab man sich in feierlichem Zuge zur Kirche. Am Portale
wurden die Majestäten von den beiden Oberhofpredigern, die an
diesem Tage zu Bischöfen ernannt waren, mit den Worten
empfangen: „Es gehen hier ein die Gesegneten des Herrn." Nach
der Predigt schritt der König auf den Altar zu, legte Krone und
Scepter ab, kniete nieder, und der reformirte Bischof salbte ihn an
der Ltirn und an den Pulsadern der Handgelenke mit den Worten:
„Gott salbe unsern König mit seinem heiligen Geist." In derselben
Weise wurde auch die Salbung der Königin vollzogen. Das Volk
aber rief: „Amen, Amen! Glück zu dem Könige! Glück zu der
Königin! Gott verleihe ihnen langes Leben!"' Unter Kanonen¬
donner, Trompeten- und Paukenschall kehrte der Zug nach dem
Schlosse zurück, wo ein glänzendes Festmahl abgehalten wurde.
Aber auch das Volk ging nicht leer aus. Aus freiem Platze wurde
ein ganzer Ochse, angefüllt mit Schafen, Rehen, Hasen und Hühnern,
am Spieße gebrateu und unter die Menge vertheilt; dazu sprudelte
ein künstlicher Springbrunnen rothen und weißen Wein. Die
Armen von Königsberg erhielten 1000 Thaler, und hier wie in
Berlin wurden neue Armenhäuser gegründet. — Fast ein Viertel¬
jahr hindurch wechselten in Königsberg die verschiedenartigsten
Festlichkeiten. Dauu begab sich der König nach Berlin, wo der
Einzug nicht minder glänzend war. Den Schluß machte ein im
ganzen Laude abgehaltener Dank-, Buß- und Bettag. Wer aber
heute die Macht und den Glanz Preußens und seiues erhabenen
Herrscherhauses erschaut, der muß in die Worte ausbrechen, über
welche an jenem Tage in allen Kirchen gepredigt wurde: „Das
hat Gott gethan!"
Preußen verdankt der Regierung Friedrichs I., wie sich der
neue König nannte, manches Schöne und Gute. Künste, Wissen¬
schaften und gelehrte Schulen fanden an ihm einen eifrigen Förderer;