6. Der Krieg mit Tarent und Pyrrhus.
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Herrn und gewaltigsten Kriegsmann seiner Zeit. Ein echter ^oldat
und Feldherr, ein geborener Herrscher, ein unermüdlicher Kampfes¬
held, gewann er überall, wohin ihn sein wechselndes Leben führte,
das Vertrauen der Männer, die Gunst der Frauen, die Liebe des
Volks. Bereitwillig nahm er die Einladung der Tarentiner an,
eröffnete sich ihm doch die Aussicht, ein gewaltiges Reich im Westen
quin den zn können, wie sein großer Verwandter Alexander von
Macedonicn ein solches in Asien gegründet. Mit einem bnnt-
aemischten Heere von 20000 Schwerbewaffneten, 3000 Reitern,
2000 Bogenschützen, 500 Schlenderern und 20 Elephanten landete
er im Frühjahre 280 im Hafen von Tarent, wo er seine Macht
durch Einreihung der waffenfähigen Bürgerschaft und Anwerbung
von Söldnern bedeutend vergrößerte. Bei Hcraklca, da wo der 280
Fluß Siris in den tarentinischen Meerbusen fällt, rückten ihm
die Römer entgegen. Eine furchtbare Schlacht entbrannte, nnd
auf beiden Seiten wurde mit der größten Erbitterung gekämpft,
bis die Elephanten den Sieg zu Gunsten des Pyrrhus entschieden.
„Mit solchen Soldaten wäre die Welt mein!" rief der König als
er am folgenden Tage über das Schlachtfeld schritt und die Leichen
der Römer betrachtete, die alle mit der Wunde auf der Brust da¬
lagen, in den erblaßten Gesichtern noch den Ausdruck unbeugsamen
Muthes.
Pyrrhus suchte den ersten Eindruck seines Sieges zu benutzen,
um eineu vorteilhaften Frieden abzuschließen. Zn diesem Zwecke
sandte er seinen vertrauten Rath geb er Eineas nach Rom Wirklich
gelang es auch dem gewandten und beredten Griechen, einen großen
Theil der Senatoren seinen Anträgen geneigt zu machen. Da ließ
sich der greise, erblindete Appius Claudius in den Seuat führen.
„Bisher", sagte er, „habe ich immer den Verlust meiner Augen
beklagt, jetzt aber wünschte ich auch noch taub zu sein, um so Un¬
würdiges nicht hören zu müssen." Seine flammenden Worte ver¬
fehlten ihres Eindruckes nicht, und Eiueas erhielt die Antwort,
daß an Frieden nicht zu denken sei, so lange der Feind noch auf
italischem Boden weile. Seinem Könige berichtete Eineas, der
Senat sei ihm wie eine Versammlung von Königen erschienen. Als
einige Zeit darauf römische Gesandte, an ihrer Spitze Cajus
Fabririus, bei Pyrrhus eintrafen, um über Auslösung der^ Ge¬
fangenen zn unterhandeln, benutzte der König diese Gelegenheit zu
erneuten Friedeusvorschlägeu. Besonders suchte er den Fabriäns
durch Geschenke und Versprechungen zu gewinnen. Aber obgleich
arm, widerstand dieser doch allen Verlockungen. Am folgenden Tage
wollte der König den Römer durch die plötzliche Erscheinung eines
riesigen Elephanten in Furcht setzen. Lächelnd sagte Fabrkins: „So
wenig mich gestern dein Gold lockte, so wenig schreckt mich heute
dein Elephant".
Bei Asculum in Apulien kam es zn einer zweiten Schlacht.