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und Klugheit, die allgemein ausgebrochene Unruhe und Unzufrieden¬
heit zu beschwichtigen, und Friede und Ordnung in den österreichi¬
schen Staaten wieder herzustellen.
57. Veranlassung -er französischen Revolution.
Nach dem Tode Ludwig des XIV. bestieg sein Urenkel Ludwig XV. den
französischen Thron. Während seiner Minderjährigkeit übernahm der Herzog
von Orleans die Regierung. Dieser führte aber ein leichtfertiges, zügelloses
Leben, und sein schlechtes Beispiel übte auf Frankreich einen höchst verderb¬
lichen Einfluß aus. Durch leichtsinnige Verschwendung wuchs die Schulden¬
last des Landes zu einer acsährlichen Höhe. Dieser schlimme Zustand blieb
auch unter Ludwig XV.; denn der junge König dachte nur an die Befriedi¬
gung seiner Leidenschaften und überließ die Regierung seinen Ministern und
den Weibern des Hofes.
In dieser Zeit traten auch zahlreiche Schnftsteller auf, welche durch Wort
und Schrift über Gott und Religion spotteten, die Geistlichkeit und die
Gläubigen öffentlich verhöhnten. Dies führte den Verfall des Staates und
bcr Kirche rasch herbei. Zugleich wurden unter dem Volke Schriften über
bie schlechte Staatsverfassung, über Abschaffung alter Mißbrauche unb Ein¬
führung zeitgemäßer Einrichtungen verbreitet. Allgemein würbe ber Sab
verteibigt, baß nach ber natürlichen Ordnung kein Mensch über bem anbern
stehe, unb jeber ein gleiches Recht an bie Güter biefer Welt habe. Solche
Gebanken gefielen bem Volk um so besser, je mehr der Leichtsinn, bie Ver-
chweiibung unb Schulbeulast am Hofe zunahm.
Abel unb Geistlichkeit besaßen bebeutenbe Vorrechte unb beflcibeteii bie
einträglichsten Stellen, währeub bcr Bürger unb Lanbmann für nichts geachtet
würbe. Dieser britte Stanb hatte überdies alle Abgaben allein zu tragen,
so baß bie Not unb bas Elenb bes Volkxs unerträglich würben. Daraus
entwickelte sich in beit Herzen ber Bürgerlichen Haß unb Erbitterung gegen
bic bevorzugten Stänbe unb gegen bas Königtum selbst.
Außerbem würbe bitrch bie Erzählungen junger französischer Helben,
welche ben itorbanterikaitischeit Freiheitskrieg mitgemacht hatten, bas Ver¬
langen nach freieren Einrichtungen immer allgemeiner, immer größer.
Alle diese Ursachen zusammen brachten 1789 bie französische Revolution
hervor.
58. Ansang der französischen Revolution.
In dieser bewegten Zeit kam Ludwig XVI. aus den fran¬
zösischen Thron. Er war mit Marie Antoinette, einer Tochter
Maria Theresiens, vermählt. Seine Thronbesteigung wurde vom
Lolke mit aufrichtigem Jubel begrüßt; denn man hoffte Erleichterung
)er schweren Abgaben uud die Rückkehr besserer Zeiten. Ludwig, ein
wohlwollender und rechtschaffener Fürst, hatte zwar die besten Ab-
ichten; allein er war zu schwach und konnte den gewaltigen Übeln