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64. Teutsch!an-s Erhebung.
Das unerwartete Schicksal des gewaltigen Herrschers war den
Völkern ein Zeichen des Himmels, daß die Stunde der Befreiung
gekommen. Zuerst erhob sich das preußische Volk, um Deutschlands
Ehre, Freiheit und Selbständigkeit wieder zu erringen. Der König
Friedrich Wilhelm III. von Preußen schloß mit dem Kaiser
Alexander von Rußland ein Bündnis gegen Napoleon; zugleich erließ
er einen Ansrus an sein Volk nnd gab dadurch ein Zeichen zu einer
allgemeinen Erhebung. Ganz Preußen war bald wie eine große
Waffenstätte. Alle Kräfte regten sich in neuer Lust und Frische.
Jünglinge, die kaum wehrhaft waren, Männer mit grauem Haar,
"Vater von zahlreicher Familie, Geschäftsleute, Gelehrte, reiche Guts¬
besitzer, ja, selbst Jungfrauen in Männerkleidung — alle eilten her¬
bei zu den Waffen; alle wollten sich üben und rüsten, alle streiten
und sterben für das Vaterland. Wer nicht mitziehen konnte, der
gab sein Gut; wer nichts hatte, bot die Arbeit seiner Hände. Keiner
wollte hinter dem andern zurückbleiben. Bald war eine allgemeine
Y Landwehr ausgestellt. Ihr zur Seite bildeten sich Freicorps. Unter
r den letzteren erwarben sich besonders die Lützowschen Jäger eilten
ßlöngenben Namen in der Geschichte dieser ruhmreichen Tage.
'f l J* * Aber auch Napoleon war nicht unthätig geblieben. Mit einem
*lgil neuen Heere von 160 000 Streitern war er schon im Monat April
TkföJj *813 bis Sachsen vorgedrungen und besiegte das preußisch-russische
<j ; ‘ Heer bei Lützen und Bautzett. Der Kaiser von Österreich bot die
Hand zur Vermittlung. Aber der Übermut Napoleons ließ keinen
Frieden zustande kommen. Jetzt trat auch Österreich dem preußisch-
russischen Bündnisse bei und erklärte sofort den Krieg an Napoleon.
Diesem Beispiele folgten bald die meisten deutschen Staaten. Auch
Schweden hatte sich gegen Napoleon erklärt, nnd England schickte
Waffen und Geld. Drei große Heere stellten jetzt die Verbündeten
der Armee Napoleons in Sachsen entgegen. Die Hauptarmee unter
dem Oberbefehl des österreichischen Feldmarschalls Fürst Schwarzen¬
berg staub in Böhmen; das schlesische Heer befehligte Blücher, die
Nordarmee der Kronprinz von Schweden. Trotz dieser Übermacht er¬
focht Napoleon bei Dresden einen glänzenden Sieg. Aber dieser
Sieg, der letzte auf deutschem Boden, brachte ihm keine Früchte,
denn zu gleicher Zeit wurden feine Generale gänzlich geschlagen. Be¬
sonders hatte sich der tapfere Blücher bei Wahlftadt an der Katz-
bach (unweit Liegnitz) ausgezeichnet. Der greife Heerführer erwarb
sich hier. den Ehrennamen „Marschall Vorwärts" und sein König
gab ihm den Ehrentitel „Fürst von der Wahlstadt." Die Arnteeeit