Full text: Grundriß der mecklenburgischen Geschichte

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und Wetter. Die selbstverfertigte Kleidung bestand aus 
einem leinenen Untergewand und einem wollenen Obergewand. 
Den Kopf bedeckte ein kleiner, runder Hut. Das Haar war 
stets gescheitelt. Schuhe und Stiefel wurden beständig ge¬ 
tragen; barfuß zu gehen, galt als Zeichen größter Armut. 
Ein beliebter Schmuck waren die Schläfenringe. Dies 
waren Ringe aus Bronze, an einem Ende stumpf, am andern 
Ende zu einer Ose zurückgebogen. Sie wurden an einem 
Riemen, der durch diese Öse gezogen war, besestigt und am 
Kopfe getragen. Zu den Lastern des Wendenvolks gehörte 
die Vielweiberei. Die Knaben wurden von den Eltern 
sehr geliebt, die Mädchen aber meist als Last angesehen und 
übel behandelt. Den erwachsenen Söhnen lag die Verpflichtung 
ob, die alt und schwach gewordenen Eltern zu ernähren. Des¬ 
halb gab es im Wendenlande keine Arme und Bettler. Gegen 
Fremde übte der Wende im hohen Grade die Tugend der 
Gastfreundschaft. Oft stahl er nachts das, was er am 
anderen Morgen seinem Gaste vorsetzen wollte. 
6. Kriegs- und Staatsleben. — Anfänglich ein fried¬ 
liebendes, an der Scholle hängendes Volk, erwuchsen die 
Wenden in der Folge zu gefürchteten Kriegern. Sie stählten 
ihre Kraft in den unaufhörlichen Kämpfen, welche die Nach¬ 
barschaft der Dänen zur See und der Sachsen zu Lande 
mit sich brachten. Die Wenden waren im Kriege listig, 
tapfer und ausdauernd, daneben aber auch treulos und grau¬ 
sam. Sie brachen ohne Scheu einen feierlich beschworenen 
Vertrag und zeigten kein Erbarmen gegen den gefangenen 
Feind. Hauptwaffe der Wenden war das Schwert. Als 
Feldzeichen dienten Tierbilder, darunter wahrscheinlich der 
Kops des Wildstiers und der Greis, die späteren Wappen¬ 
tiere des Landes. — Die Wenden bildeten keine einheitliche 
Nation. Selten schlossen die einzelnen Stämme sich zu einem 
größeren staatlichen Verbände zusammen, lagen miteinander 
vielmehr oft in grimmiger Fehde. Die beste staatliche Ord¬ 
nung war bei den Obotriten zu finden. An der Spitze jedes 
Stammes stand ein Fürst, Knese genannt. Die einzelnen 
Stämme zerfielen wieder in Gaue. Jeder Gau hatte seinen 
Tempel und seine Burg. Von den Tempeln ist keine Spur 
mehr vorhanden. Dagegen sind uns zahlreiche Überreste von 
Gauburgen erhalten; es sind unsere berühmten Burgwälle. 
7. Hinterlassenschaft. — Die Burgen dienten als 
Fürstensitze und Zufluchtsorte der Bevölkerung in kriegerischen
	        
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