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ihnen im Jahre 1483 eine direkte Steuer von 5 Gulden auf
100 Gulden auf, also eine sehr drückende Last.
Bekanntlich wurde um Erfurt herum viel Wein gebaut, und
der Weinbau war neben bem Ban ber Körnerfrucht ber wichtigste
Zweig ber Lanbwirtfchaft, baher berichtet uns ber Chronist stets,
ob bas Jahr einen guten ober schlechten Weinertrag gegeben hat.
Besonders schlechte Jahre waren 1485, 1488 unb 1491, gute hin¬
gegen 1490 unb 1492, aber im letzteren Jahre ber Menge nach
wenig. Durch Erntemißwachs war das Jahr 1488 berüchtigt,
eine gute Ernte bot jedoch das Jahr 1493, so daß man viel Korn
ausführen konnte. Auch den Schutzzoll kannte der Erfurter Rat,
welcher fremden Wein und fremdes Bier einzuführen öfters ver¬
bot, stets aber solches mit einem hohen Eingangszoll belegte. Der
Chronist sagt: „sie nahmen doppelten Geschoß davon."
Den Lebensmittelpreisen entsprachen die Arbeitslöhne. Sie
waren nicht niedrig, wenn man den damaligen Geldwert in An¬
schlag bringt. Besonders gut wurde die Arbeit im Wein¬
berge bezahlt, wenn es bei eintretenbem günstigen Wetter galt,
rasch und tüchtig zu arbeiten. So erhielten im Jahre 1490
sogar Kinder 6—8 Groschen täglich in der Weinlese, ein Butten-
träger 6—7 Groschen, und die Fuhre wurde bis zu einem Gulden
bezahlt. Im Jahre 1496 waren die Arbeitslöhne noch höher: ein
Beuger, welcher den verschnittenen Wein an die Pfähle band, d.
H. „beugte", erhielt 15 bis 16 Pfennige, ein Weinbeschneider 7 bis
8 Löwengroschen; in der Lesezeit schwankte der Lohn von 13 Pfen¬
nigen bis zu 7 Groschen. Als der Lohn im nächsten Jahre noch
höher stieg, legte sich der Rat ins Mittel und fetzte als Hochst-
lohn 18 Pfennige fest. Wer mehr forderte, wurde in den Stock,
d- i. das Gefängnis auf dem Wenigen Markte, gefetzt, der Ar¬
beitsgeber aber, der mehr bezahlte, kam in die Temnitz, das Ge¬
fängnis im Rathauskeller. Dabei sah der Rat daraus, daß man
nicht zu früh Feierabend machte. Um das zu verhüten, wurden
aus obrigkeitlichen Befehl die Stadttore bis 6 Uhr abends ge¬
schlossen und kein Weinbergsarbeiter früher hereingelassen, denn,
so sagt Stolle, „sie begannen am Morgen spät, ließen es an sich
kommen und strengten sich nicht an, hörten auch möglichst frühe
auf, nahmen aber gern viel Lohn." — Mit solchen Löhnen kam
der Arbeiter gut aus; benn bie Kost war billig. Für ein paar
Groschen konnte er sich gutes Weißbrot ober Brot aus Gemang-
korn kaufen unb bazu Fleisch ober Fisch unb einen Labetrunk.
Viel besser freilich war bie besitzenbe Klasse baran. Ihr wuchsen bas
Brotkorn, bie Gerste zum Malz unb bie Traube auf eigenem
Grund unb ©oben, aus bem auch ihr Wohnhaus ftanb. Sie schickte
ihr Vieh auf bie Stabtweibe unb wer von ihr einen Biereigen¬
hof sein eigen nannte, braute für ben eigenen Bedarf und zum
Verkauf. (Dr. R. Thiele u. a.)