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sandle sofort eine ansehnliche Summe an Schillers Gattin, wobei
er freilich bemerkte, daß er sich aus eine bestimmte Erhöhung der
Pension „alleweile" nicht einlassen könne.
Rückkehr: Obwohl Schiller und seiner Gemahlin die Tage
in Erfurt angenehm verflossen, suhlten sich beide doch nicht ganz
wohl hier. Sie sehnten sich nach der eigenen Häuslichkeit und
kürzten deshalb den noch auf längere Zeit berechneten Aufenthalt
ab. — Ihre Abreise erfolgte am 1. Oktober. (Nach Albert Pick.)
64. Französische Emigranten in Erfurt.
Ihre Ankunft: Die französischen Ausgewanderten, die in
den Rheinstädten eine Zuflucht gefunden halten, flohen bei Au-
nährnng der Franzosen weiter ins deutsche Land hinein. Dabei
wählten viele Erfurt als neuen Wobnsitz, da man ihnen von be¬
freundeter Seite die Stadt vorteilhaft geschildert hatte.
Seit Anfang 1795 kamen sie in großer Zahl hier an. Unter
ihnen waren viele, die einst eine glänzende Rolle gespielt Hatten.
Ehemalige Erzbischöse, Bischöfe, Aebte und dergleichen kamen zum
Brühlertor hereingepilgert, und säst alle boten einen herzzerreißen¬
den Anblick dar. Mit Bündelchen auf dem Rücken und mit zer¬
rissenen und zerlumpten Kleidern hielten sie ihren Einzug. Einer
von ihnen erzählte mit heilerer Miene, daß er nichts anderes ge¬
rettet habe als die Bibel, die er unter dem Arm trug. Tatsäch¬
lich hatten viele nicht einen roten Heller mehr in der Tasche; sie
wußten nicht, wo sie einen Bissen Brot hernehmen, womit sie ihr
Schlasgeld bezahlen sollten. Piele gingen barsuß, und dabei war
es mitten im Winter. Sie erzählten auch, daß manche unterwegs
liegen geblieben und erfroren wären.
Ihre Lebensweise: Mitte Februar waren, wie durch Be¬
auftragte des Rates festgestellt wurde, schau über 1000 Vertriebene
in der Stadt. Man räumte ihnen die Schottenkirche zum Gottes¬
dienst ein. In ihr wurde von jetzt ab französisch gepredigt. Be¬
sonders ernst und streng begingen sie die heilige Woche. Viele
speisten die ganze Zeit hindurch kein Fleisch. Alle Speisen, die
sie genossen, mußten mit Cel geschmelzt sein, weil ihnen selbst die
Butter verboten war. Auch erschienen viele in schwarzen Kleidern,
die sie in den letzten Tagen gar nicht mehr ablegten.
Gezwungene Beschäftigung: Mancher von den Emigranten,
der einst bessere Tage gesehen halte, war gezwungen, sich seinen
Lebensunterhalt durch Anfertigung kleiner Handarbeiten zu ver¬
dienen. So verkaufte bei der Feier der Peterkirmfe (Sonntag nach
Ostern) auf dem Roßmcirkle (Herrmannsplatz) ein ehemaliger fran¬
zösischer Herzog Handkörbchen, Schächtelchen und Kästchen, die er
selbst aus Pappe angefertigt hatte. Von seinem Stand aus rief
er den Vorübergehenden sorlwäbrend zu: „Achetez des corbeilles