Full text: 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen

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parentgemälden hatte schmücken lassen. Sie stellten die Schönheit, 
Weisheit und Stärke dar. Die Stärke verkörperte ein edler, kraft¬ 
voller Jüngling in römischer Rüstung, der aus einem Löwen sah 
und eine Säule von blauem Jaspis (Edelstein) in der Hand hielt. 
Einige Züge des Gesichtes waren Napoleon ähnlich. Aus dem 
dreieckigen Gielielselde leuchtete Frankreichs Adler hervor. Alle 
Linien des Gebäudes waren durch mehrere Tausend Lampen er¬ 
leuchtet, deren Glanz den weilen Platz mit Tageshelle erleuchtete. 
Unter dem Dache prangte die Inschrift: 
Magnitudo illius stabilis, quem omnes 
supra se et pro se noscunt. 
In freier Uebersetzung: „Unerschütterlich ist die Größe desjenigen, 
den alle als ihren Herrn und Beschützer anerkennen." 
Neben dieser Inschrift gab es noch viele andere, welche Ver¬ 
ehrung und Unterwürfigkeit in hochtönenden Worten zum Ausdruck 
brachten. Hin und wieder hatte es aber ein Ersurter Bürger auch 
gewagt, seinem Mißmut freien Lauf zu lassen. So hatte ein Obst¬ 
händler den köstlichen Einsall gehabt, ein von Lampen gebildetes, 
riesiges „Ach!" an seinem Hause anzubringen. Eine recht zwei¬ 
deutige Inschrift! Doch der Mann konnte auf eine Anfrage, die 
man an ihn richtete, die Versicherung geben, daß er durch diesen 
Ausrus nur seiner Freude über die Anwesenheit des Kaisers habe 
Ausdruck geben wollen, während er in seinem Innern vielleicht 
ganz anders dachte. 
Die Festbeleuchtung sollte nicht ohne einen kleinen Unfall vor¬ 
übergehen, der leicht bedenklichen Umfang hätte annehmen können. 
Am Ratskeller auf dem Fischmarkt brannte der mit Lampen er¬ 
hellte Namenszug des Kaisers ab. Die Flamme wurde zwar 
rasch gelöscht, sie hatte aber bereits den den Völkern Europas 
so furchtbaren Namen in Asche verwandelt. Dem Kaiser wurde 
dies ohne Zweifel verschwiegen; deun bei seiner abergläubischen 
Beanlagung würde er von dem Vorgänge höchst unangenehm be¬ 
rührt gewesen sein. 
Anwesende Fürstlichkeiten: Von diesem Tage an füllte 
sich Erfurt mit einer gewaltigen Zahl von Monarchen, Hofwür- 
denträgern, Ministern, Generalen und sonstigen vornehmen Per¬ 
sonen. Im ganzen weilten damals in Erfurt: 2 Kaiser, 4 Kö¬ 
nige, 1 Königin, 1 Großfürst, 1 Fürst-Primas, 17 regierende 
Fürsten und Fürstinnen, 6 Erbprinzen und Erbprinzessinnen, 1 kö¬ 
niglicher Prinz (von Preußen) und 23 andere Prinzen, 34 Gra¬ 
fen, 20 Generale nnd über 50 Barone und Edelleute, ungerechnet 
die zahlreichen täglich ab- und zuströmenden, vornehmen Fremden. 
Aus dem Gefolge des Herzogs von Weimar sind besonders her¬ 
vorzuheben die Geheimräte von Goethe und Wieland. 
(Nach Arnold, Beyer u. a.) 
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