Full text: 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen

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Mehrere 1000 Arbeiter aus der Stadt und ihren Dörfern und 
aus den angrenzenden Fürstentümern arbeiteten täglich an diesem 
Werke, mitunter sogar bei Fackelschein. Auch die Bürger selbst 
mußten aus Besehl mit schanzen. Die Arbeit begann am Peters- 
berge. Hier wurden die alten Geschützwälle abgetragen und da¬ 
für neue errichtet. Die spitzen Dächer der Kasernen und Schutz¬ 
turme wurden durch ebene ersetzt; auch neue Schanzen und tiefe 
Laufgräben wurden angelegt. Die Cyriaksburg teilte mit dem 
Petersberg dasselbe Schicksal. Hierauf kam die Reibe an die Stadt¬ 
wälle. Diese beliebten Spazierwege, bisher eine große Zierde der 
Stadt, wurden in kahle Verschanzungen umgewandelt. Ihr herr¬ 
licher, alter Baumbestand siel unter den Aerten der französischen 
Zerstörer. Die Aussicht von ihnen in das weite Vorland wurde 
durch eine hohe Brustwehr versperrt. Auch einige Tore samt ihren 
Brücken riß man nieder und verschanzte sie. Die Stadtgräben' 
aber, die man ausgetrocknet und urbar gemacht hatte, wurden 
wieder verlieft und mit Gerawaffer gefüllt. Dadurch fetzte man 
die ganze Gegend und die Felder vom Dreienbrunnen bis zum 
Löbertor und verschiedene Gärten innerhalb des Walles unter 
Wasser. Selbst in die Keller vieler Bürgerhäuser drang das Was¬ 
ser, das sich unterirdisch verbreitete, ein, wodurch den Bewohnern 
großer Schaden erwuchs. In der Stadt wurden mehrere alte 
Türme und ehemalige, schöne Kasernen bis zum Erdboden abge¬ 
tragen oder in feste Pulver- und Kugelkammern verwandelt. Zu¬ 
letzt verwüstete man noch die fruchtbaren, rings um die Stadt ge¬ 
legenen Gärten, Weinberge und Felder. 
Zu Anfang Oktober erhielten dann die Bürger den Befehl, 
sich auf vier Monate mit Lebensmitteln zu versehen oder die Stadt 
zu verlassen. Die Ausführung dieser neuen Anordnung bereitete 
den Bürgern großen Verdruß; denn kaum halten sie das Notwen¬ 
digste eingekauft, so wurden sie aufgefordert, soundsoviel Scheffel 
Mehl und soundsoviel Pfund Fleisch auf die Festung zu liefern. 
Wobt oder übel mußte dann mit dem Einkauf wieder von vorn 
angefangen werden. Auch bares Geld wurde fortwährend ver¬ 
langt. Wehrten sich aber die Bürger gegen die Zahlung, so wur¬ 
den einige als Geiseln auf den Petersberg gebracht, und es hieß: 
Folgt ihr jetzt nicht, so erschießen wir sie. Die beiden Buchhänd¬ 
ler Kevser, Pater und Sohn, saßen immer abwechselnd auf der 
Feste. Man holte sie mit Vorliebe, weil sie ihre Treue und An¬ 
hänglichkeit an Preußen wenig verbargen. (Nach Const. Beyer.) 
74. Die flrforder Gciifeln. 
'S war Anne dräiz'n, da waren die Franzusen noch Härre 
äbber de Stadt Arford o schräbben Stäiern aus wie verreckt, die 
hußeu fc Sempeln, on die moßten die Bärger uffbrenge, on nahmen 
sich dassertwägen a Stockcr viere rächt angesiehne Bärger als Gai-
	        
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