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zur Residenz, das dadurch fast ein Jahr des Deutschen Reiches
Hauptstadt wurde.
Ankunft: Am 14. Dezember 1289 hielt der König mit einem
glänzenden Gefolge von Fürsten und Edelleuten seinen Einzug.
Er selbst trug nur das gewohnte schlichte Gewand, das mächtig
gegen die herrlichen Waffenrüstungen und bunten Wappenschilde
seiner Begleiter abstach. Trotzdem ruhten aller Blicke aus ihm,
dem langen, hageren Mann, dessen blasses Gesicht mit der gewal¬
tigen Adlernase so freundlichen Auges die Menge anblickte. Auf
seine schon bewährte Regentenkraft fetzten die fo übelgeplagten Er¬
furter und Thüringer, sür welche die kaiserlose, die schreckliche Zeit
noch immer nicht zu Ende war, ihre letzte Hoffnung.
Erste Taten: Sie wurde auch erfüllt. Kaum waren die
Jubelgesänge zum Empfange in der Domkirche verklungen, da
rückten auf König Rudolfs Befehl die streitbaren Bürger Erfurts
mit den Rittern über die Schneefelder nach dem Thüringer Walde
zu aus. Sie wollten dem strengen Landfriedensgebote Achtung
verschaffen. Und schon am 20. Dezember wurden 29 Raubritter,
die man auf der lustigen Ausfahrt in Ilmenau gefangen batte,
auf dem Rabenstein hingerichtet. Vor solchem Ernst zerstoben die
Wegelagerer und Raubburg-Jusassen gar bald und brachten ihren
Hals in Sicherheit. Damit ihnen aber die Lust zur Wiederkehr
auf lange Zeit verging, erließ der König am 12. März 1290 an
Ritter und Volk innerhalb und außerhalb des Erfurter Weichbil¬
des das Aufgebot zum Niederreißen der etwa 66 Raubburgen, in
welchen sich hauptsächlich das sriedhässige Gesindel barg. Außer¬
dem gelang es dem Könige, Frieden zwischen dem Thüringer Land¬
grafen Albrecht dem Unartigen und seinen Söhnen zu stiften. Da¬
durch wurde der eigentliche Herd des Unfriedens, ans dem sich
nur zu oft die Fehdelust im ganzen Lande entzündet hatte, zerstört.
Leider dauerte die Einigkeit nur bis nach dem Tode Rudolfs.
Ferner stellte der König das Landfriedensgericht wieder her, das
unter dem Vorsitze des Landfriedenshauptmannes mit 12 Land-
friedenspflegeru als Beisitzern über alle Fälle von Landsriedens-
brnch urteilte. Dazu rechnete man selbst unbefugte Erhebung von
Zoll und Geleit, unberechtigte Münzprägung, Hehlerei, unbefugtes
Waffentragen und unbefugte Pfändungen. Das Gericht konnte Ab¬
bruch von Burgen anordnen, die Landesacht verhängen und Land¬
streicher ausweisen. Zn seiner Erhaltung schrieb Rudolf eine
Steuer aus, zu welcher ganz Thüringen, Klöster und Kirchen nicht
ausgenommen, beisteuern mußten.
Der Reichstag: Auf den Weihnachtstag des Jahres 1289
hatte der König einen Reichstag in Erfurts Mauern anberaumt.
Aus allen Gauen des deutschen Vaterlandes strömten darum die
geistlichen und weltlichen Großen zusammen, und die Erfurter
hatten in diesen Tagen manche Augenweide. So sahen sie den
Thüringer Landgrafen Albrecht friedlich neben feinen Söhnen