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tfricöricf) und Diezmann auf den Gaffen, bemerkten aber weniger
den wackeren Burggrafen Friedrich von Nürnberg, der damals als
erster Hoheuzoller in Erfurt einkehrte, und dessen spätere Nach,
kommen besser über Thüringen walten sollten, als der ent¬
artete Albrecht es getan hatte. Viele bedeutende Steichserlaffe1)
sind auf diesem Reichstage vom König und feinen fürstlichen Rat¬
gebern ausgegangen. Ueberall findet man noch die Pergamente
mit dem riesigen Rnndfiegel aus rotem Wachs an bunter Seiden-
schnür in den Archiven mit dem Dalum Erfurt. Rudolfs Bild, wie
er mit den Reichsinfignien (Abzeichen der königlichen Würde) auf
dem Throne fitzt und feines Amtes wartet, ist sauber in das Wachs
eingedrückt.
Aufenthalt im Kloster und frohe Feste: König Rudolf
wohnte im Peterskloster hoch über der Stadt. Hier ließ er zum
fröhlichen Gastmahle die Tische im sommerlichen Speifesaal und
im Kreuzgang zusammenrücken. Mitunter blieb den Mönchen,
wenn hohe Gaste beim König einkehrten, nichts als der Schlaf¬
faal und das Winter-Refektorium (Speifefaal) zur Wohnung übrig.
Die Chronik des Klosters meldet von manchem großen Fest-
gelage. So veranstaltete der König am Tage nach der Kirchen¬
weihe von Skt. Peter (Sonntag nach Ostern) feinen Töchtern, der
Königin Jutta von Böhmen und der Herzogin von Sachsen, samt
ihren Rittern und Edeldamen zwischen den Beeten des Kloster-
gartens, die im ersten Schmucke des Frühlings prangten, allerlei
Lustbarkeiten. Am Sonntag nach Pfingsten folgte dann ein Ritter-
fest. Zuerst wurde feierlich Messe gehalten, dann schlug Landgraf
Albrecht auf dem Petersberge 16 Knappen zu Rittern und im
Beisein einer farbenreich geschmückten Ritterfchar gürtete der König
den jungen Degen eigenhändig das Schwert um. Am großartig¬
sten fielen die beiden letzten Freudenfeste aus: die Hochzeit der
Nichte des Königs, der Gräfin Margarete von Habsburg, mit dem
Grafen von Kleve und das prunkvolle Mahl, welches Herzog Al¬
brecht von Oestreich, König Rudolfs Sohn, gab. — Am unverge߬
lichsten aber hat sich den Erfurtern für alle Zeiten der luftige Auf¬
tritt des Königs als Bierrufer eingeprägt. Rudolf, offenbar ein
Freund der schwarzen Schlunze, trat in schlichtem Wams auf die
Gasse und rief, den Bierkrng in die Höhe haltend, mit lauter
Stimme: „Hol' in, hol' in! ein gut Bier hat Er Sifrid von Bnt-
ftefcie2) ufgelau!"
Trübe Stunden: Doch gab es für den König auf der freien
Höhe des alten Merwigsberges auch manche sorgenvolle Stunde.
So erfuhr er, daß fein Sohn, Herzog Rudolf, den er mit Er¬
folg den Fürsten des Reiches zu feinem Nachfolger vorzuschlagen
!) Verleihung der erledigten Ungarnkrone; Entscheidung über Recht und
Unrecht durch Waffenkampf der Parteien nur noch bei Hochverrat usw.
2) Ein Biereige — Brauer, das Braurecht haftet auf dem Hause.