Full text: Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte

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die Königin Luise, welcher das Unglück des Vaterlandes das 
Herz brach, ihm durch den Tod entrissen wurde. Von dieser 
hervorragenden Königin schreibt ein Zeitgenosse: „Luise von 
Preußen sah und grüßte iu dem geringsten ihrer Untertanen 
einen Sohn oder eine Tochter, hob am Wege spielende Kinder 
liebend empor aus ihre Arme, an ihr Herz, bückte sich tröstend 
zu dem am Wege kauernden Mütterchen, und wo es nicht der 
milden Gabe bedurfte, zu der ihre Hand immer offen war, da 
ließ sie als Andenken wenigstens ein freundliches Wort fallen, 
das unauslöschlich im Herzen der Angeredeten blieb.“ 
In die Bevölkerung Preußens zog ein neuer Geist ein, ein 
Geist ernster Frömmigkeit und opferfreudiger Vaterlandsliebe. 
2. General Aork. 
Im Jahre 1812 erklärte Napoleon dem rufsischeu Kaiser 
Alexander den Krieg und rückte, mit einem Heere von 600000 
Mann in Rußland ein. Auch Österreich und Preußen waren 
gezwungen worden, Hilfsheere zu stellen; 30000 Österreicher nahmen 
Stellung an der Grenze zwischen Galizien und Rußland, 20000 
Preußen unter General Aork besetzten Kurland. Mit dem Haupt¬ 
heere erfocht Napoleou mehrere Siege über die Russen und zog 
am 14, September 1812 in Moskau ein. Allein die Russen 
selbst steckten ihre Hauptstadt in Brand, und nach einmonatigem 
Aufenthalte in der zerstörten Stadt mußte der französische Kaiser 
den Rückzug antreten. Ein früher, furchtbar harter Winter und 
die unablässigen Angriffe der Russen brachten dem gewaltigen 
-Heere Napoleons den Untergang. Als die Nachricht hiervon in 
die Ostseeprovinzen kam, trat die dort befindliche französische 
Heeresabteilung den Rückzug an; Aork mit feinen Preußen folgte. 
Schon nahten aber die siegreichen Russen. Russische Unterhändler 
kamen zu Aork, gaben ihm Kenntnis von der völligen Ver¬ 
nichtung des französischen Heeres und forderten ihn auf, sich 
von den Franzofen zu trennen und sich mit den Rnffen zu ver¬ 
binden. Hork weigerte sich dessen, wie sehr er auch die Fran¬ 
zosen haßte; so lange Aussicht war, daß er seine Truppen wohl¬ 
behalten ins Vaterland zurückführen könne, gebot ihm Pflicht 
und Ehre, jede Unterhandlung abzuweisen. Allein nach einigen 
Tagen hatten ihm die Russen den Rückzugsweg verlegt; nun 
stand er vor der Wahl, ob er sein kleines Heer in nutzlosem 
Kampfe aufopfern, oder durch ein ehrenvolles Abkommen es 
feinem Könige für den Kampf gegen den Unterdrücker erhalten 
wolle. Er wählte das letztere; in einer Mühle bei Tauroggen 
schloß er am 30. Dezember 1812 einen Vertrag mit den Russen; 
nach diesem Vertrage konnte er fein Heer nach Ostpreußen in 
die Winterquartiere führen und dort abwarten, was der König
	        
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